Studie „Digitalisierung in der bAV-Administration 2020/21“
Nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie wurden zahlreiche bAV-Administrationstätigkeiten von jetzt auf gleich ins Home-Office verlegt. In der räumlichen Entfernung von Aktenschränken und Archiven wurde nochmals deutlich, dass sich die Digitalisierung längst von einem „nice-to-have“ zu einem „must-have“ für die bAV-Administration entwickelt hat.
Viele bAV-Verantwortliche sehen die Bewältigung der gegenwärtigen Herausforderung als Antriebsfeder für eine schnellere und umfassendere Digitalisierung, wie die jährliche Studie „Digitalisierung bAV-Administration“ von Willis Towers Watson zutage bringt. Die aktuellen Befragungsergebnisse zeigt auch, welche Erwartungen bAV-Verantwortliche deutscher Unternehmen künftig mit der Digitalisierung verbinden. Für die Studie wurden Ende 2020 bAV-Verantwortliche aus allen Unternehmensgrößen und Branchen mit insgesamt mehr als 750.000 Beschäftigten und Leistungsbeziehern befragt.
Anknüpfend an die Vorgängerstudie wurde der bAV-Digitalisierungsindex als Gradmesser für die Durchdringung der Digitalisierung in der bAV-Administration ermittelt. Er zeigt, dass der Grad der Digitalisierung in den jeweiligen Kernfunktionen der bAV-Administration - Kommunikation, Simulationen, Reporting und Administration – sehr heterogen ausgeprägt ist. Es zeigen sich deutliche Unterschiede in diesen einzelnen Bereichen, aber auch deutliche Unterschiede zwischen den Unternehmen.
Mit ihren bAV-Anwärtern kommunizieren inzwischen fast 60 Prozent der Unternehmen digital (Vorjahr: 48 Prozent). Leistungsbezieher erhalten hingegen weiterhin meist traditionelle Papierpost. Hier besteht Nachholbedarf, weil auch Rentner zunehmend digitale Medien nutzen.
Viele Unternehmen planen deshalb um: Mehr als 90 Prozent der Befragten erwarten, dass die Kommunikation mit den Anwärtern und Rentnern zukünftig digital stattfindet, auch wenn die Umstellung nur schrittweise erfolgen kann. Bei Leistungsbeziehern (so die Einschätzung der Befragten) werden digitale Medien die tradtionellen Kommunikationswege wohl vorerst nicht vollständig ersetzen können.
Die Zukunftsplanung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können sowohl durch Simulationstools für einzelne Versorgungslösungen als auch durch umfassendere Gesamtfinanzplanungstools sinnvoll unterstützt werden. Allerdings hat sich hier wenig verändert. Zwei Drittel der Unternehmen stellen Simulationstools bereit und decken damit digital ca. 38 Prozent der Berechnungen ab. Tools zur Gesamtfinanzplanung bieten nur 18 Prozent der Unternehmen an. Gründe für die relativ geringen Fortschritte liegen sicherlich in der hohen Komplexität und der damit verbundenen Kosten der Umsetzung.
Reporting-Lösungen sind sehr vielfältig und reichen von Standardberichten und Ad-hoc-Abfragen über Prognosen bis hin Pension Analytics. Weniger als die Hälfte der Auswertungen und Standardreports bzw. der Ad-hoc-Abfragen und Prognosen werden digital erstellt. Dies wird sich nach Einschätzung der Befragten aber wohl in den nächsten Jahren ändern.
Viele Unternehmen streben vollständig digitale Prozesse, mehr Transparenz und bessere Abfragemöglichkeiten an. Mit neuen Technologien ist auch der Zugang zu neuen Analyse- und Prognosefähigkeiten (z.B. Pension oder Predictive Analytics) verbunden. Die Bedeutung der Digitalisierung von Reporting-Themen wird mit dem Einsatz von neuen Technologien deutlich zunehmen.
Basis für eine digitale Administration ist die Automatisierung sowohl der Schnittstellen als auch der Datenverarbeitung mit den entsprechenden Prozessen. Prozesse und automatisierte Schnittstellen sind zu mehr als 40 Prozent digitalisiert. Auch hier ist der Digitalisierungsgrad von Unternehmen zu Unternehmen sehr unterschiedlich. Neue Technologien (z.B. Cloud, globale ERP-Systeme) verändern auch die Rahmenbedingungen für die bAV-Administration in vielen Unternehmen. So bewerteten die Unternehmen die notwendigen Anpassungen unterschiedlich: ca. zwei Drittel erwarteten einen Wechsel der Softwarelösungen und 15 Prozent erwarteten einen Wechsel des Sourcing-Modells (z.B. Einsatz von externen Dienstleistern) für die bAV-Administration.
An erster Stelle der Erwartungen stehen bei den Befragten Prozessverbesserungen und Aufwandsreduktionen. Als fast ebenso wichtig werden Qualitätsverbesserung, Reduktion der Bearbeitungszeit und höhere Transparenz gesehen. Zudem werden mit den Technologieveränderungen weitere Automatisierungen der gesamten Wertschöpfungskette der bAV-Administration erwartet.
Auch wenn die Mehrheit der Befragten keine wesentliche Beeinträchtigung der Grundfunktionen der bAV-Services durch die Aktivierung der Notfallmaßnahme während der Pandemie angeben, sehen 60 Prozent diese als Antriebsfeder für die weitere Digitalisierung der bAV-Administration. Auch die digitale Kommunikation mit Anwärtern und Rentnern soll erheblich ausgebaut werden. Zudem verspricht man sich zunehmende Prozesseffizienz und -transparenz mit der weiteren Digitalisierung.
Hindern werden diesen Trend vor allem Datenschutz und Budgetthemen genannt. Es bleibt abzuwarten, wie sich die ökonomischen und regulatorischen Rahmenbedingungen entwickeln und inwieweit diese die weitere Digitalisierung unterstützen.
Auch das Thema „User Experience“ sollten bAV-Verantwortliche im Blick behalten. Vom User her gedacht können bAV-Portale Mitarbeiter begeistern und Administrationsaufwand für HR vereinfachen. Ermutigende Beispiele in der Praxis gibt es bereits. Dennoch lässt der Digitalisierungsindex vermuten, dass hier in vielen Unternehmen noch viel Luft nach oben besteht.