Automatisierung als Schüssel zu Qualität und Effizienz
Aufgrund der im April 2023 verabschiedeten EU-Richtlinie zur Entgelttransparenz steigen die regulatorischen bzw. juristischen Anforderungen an Unternehmen hinsichtlich einer fairen Vergütung. Das Thema spielt nicht nur für Arbeitgeber sondern auch für weitere Stakeholder eine zunehmend wichtige Rolle. Hierzu zählen neben den Mitarbeitenden und der breiteren Öffentlichkeit auch Kapitalgeber und Aktionäre. Es ist davon auszugehen, dass Letztere bei ihren Investitionsentscheidungen das Thema Vergütungsgerechtigkeit stärker gewichten, um Compliance- und Reputationsrisiken zu vermeiden.
Die zentrale Grundlage für Vergütungsgerechtigkeit und -transparenz ist eine strukturierte Stellenbewertung: Stellen werden dabei nach marktüblichen, objektiven Kriterien einem bestimmten Niveau (Entgeltstufe, Level, Grade) zugeordnet und darauf aufbauend systematisch mit der Vergütung verknüpft – unternehmensweit, über alle Funktionen und Hierarchieebenen hinweg.
Traditionelle Stellenbewertungsprozesse sind häufig mit einem hohen Zeit- und Personalaufwand verbunden. Um Stellen präzise bewerten zu können, sind typischerweise Stellenbeschreibungen oder andere Formen der strukturierten Erhebung von Stelleninhalten (z.B. Führungskräfte-Interviews) sowie Bewertungsworkshops notwendig. Dieser Standardprozess bindet in den inzwischen sehr schlank gewordenen Compensation und Benefits-Abteilungen, aber auch bei den vielbeschäftigten Business Partnern knappe Ressourcen.
Gleichzeitig verändern sich in unserer disruptiven Arbeitswelt Strategien, Geschäftsmodelle und damit auch Stellen mit weiterhin hoher Taktzahl. Entsprechend ist Stellenbewertung zu einer Daueraufgabe geworden, die zügig, effizient und mit hoher Qualität erfolgen muss.
Und schließlich gibt es in der traditionellen Stellenbewertung das Problem der Subjektivität verschiedener, im Prozess beteiligter Personen – sowohl bei der Beschreibung als auch in der Bewertung der Stellen. Manche Führungskräfte beschreiben ihre Rollen sehr ambitioniert, andere eher konservativ. Dasselbe Bild zeigt sich, wenn unterschiedliche Personen im Unternehmen Stellen bewerten. Auch hier wenden einige die Methodik eher großzügig, andere eher streng an, was letztendlich zu einer Verzerrung der Bewertungsergebnisse führen kann.
Eine mögliche Lösung liegt für WTW in der Nutzung von künstlicher Intelligenz in der Stellenbewertung. Auf Basis von tausenden bewerteten Positionen aus allen Branchen und geografischen Regionen hat WTW einen Prototypen für automatisierte Stellenbewertung entwickelt. Die WTW-Lösung entspricht damit dem Bedarf, Stellenbewertung weiter zu digitalisieren und trifft durch signifikante Steigerung von Geschwindigkeit und Effizienz den Nerv der Zeit.
In Projekten wird damit vor allem die Phase der eigentlichen Stellenbewertung beschleunigt. Per Bulk Upload werden verfügbare Stellenprofile in beliebiger Anzahl hochgeladen und auf Knopfdruck innerhalb von Minuten bewertet. Zusätzlich zu den Bewertungsergebnissen gibt das Tool auch Angaben zum Confindence Level, d.h. wie wahrscheinlich die jeweilige Bewertung zutreffend ist. Ausführliche Test-Reihen haben gezeigt, dass die Algorithmen für ein hohes Maß an Konsistenz und Objektivität, bei deutlich reduzierten Bias und Fehlern, sorgen. Gleichzeitig kann das Tool auch genutzt werden, um die Qualität und Vergleichbarkeit von Stellenbeschreibungen als Input für die Bewertung zu validieren.
Somit hilft die KI-basierte Lösung, die Schwächen der traditionellen Vorgehensweise auszugleichen und führt zügig zu einem ersten objektiven Aufschlag der Bewertungsergebnisse.
Angesichts der schnellen Erstbewertung durch das Tool verschiebt sich der Projektfokus von der Durchführung der Bewertung hin zu Kalibrierung und Interpretation der Ergebnisse sowie der Identifikation organisatorischer Auffälligkeiten und Schieflagen.
Der Prozess wird selbstredend nicht gänzlich an die Maschine übergeben. Der Human-in-the-loop Ansatz umfasst die kritische Evaluierung, Kalibrierung und Einordnung der Ergebnisse: Da mit Hilfe der KI-Lösung nicht mehr jede einzelne Stelle in allen Details beleuchtet und bewertet werden muss, wird die Diskussion mit den Kunden auf eine neue Ebene gehoben. Anstatt über einzelne Faktorausprägungen zu diskutieren, geht es nun primär um Fragestellungen wie: Was vermitteln uns die Ergebnisse über die Qualität der Aufbauorganisation? Was sagen sie uns über die Qualität der Stellenbeschreibungen bzw. über den inhaltlichen Zuschnitt der Stellen? Ist alles anforderungsgerecht? Wo ergibt sich welcher Handlungsbedarf? Welche Schlussfolgerungen können aus einer „Organizational Health“ Perspektive gezogen werden? etc.
Insgesamt bedeutet dies einen größeren Mehrwert für die Unternehmen. Sie erhalten in den Projekten nicht nur konsistent bewertete Stellen, sondern auch Optimierungsansätze für die Aufbauorganisation sowie für die konsistente Gestaltung von Stellenanforderungen.
Der Weg zu größerer Effizienz, Qualität und Geschwindigkeit ist kurz und einfach: lernende Algorithmen übernehmen die Bewertungsarbeit. Sie wurden anhand von umfangreichen, qualitätsgesicherten Daten aus Praxis-Projekten von einem internationalen Expertenteam unter Berücksichtigung der gängigen Qualitätsstandards und Sicherheitsanforderungen entwickelt und umfassend international getestet. Es sind weitere Anwendungsfelder wie de Validierung von Karrierelevel-Beschreibungen zukünftig vorstellbar.
Die Anforderungen rund um das Thema Vergütungsgerechtigkeit und Vergütungstransparenz werden weiter zunehmen, nicht nur aufgrund der Regulatorik sondern auch weil sich die Erwartungen von Mitarbeitenden, Bewerbern und der Gesellschaft insgesamt in Richtung Transparenz verschieben. Um die erforderliche Stellenbewertung in der notwendigen Zeit, Frequenz und Effizienz durchzuführen, ist die Automatisierung der Stellenbewertung ein probates Mittel.