MarktSpot Q1 2024
Versicherer müssen bei der Absicherung der Risiken einen großen Spagat bewältigen: Auf der einen Seite steigt der Bedarf an Kapazitäten immer weiter an, weil auch neue, zum Teil sehr komplexe Risiken versichert werden müssen. Andererseits müssen die Anbieter auch ihre eigene Wirtschaftlichkeit im Blick behalten, um wettbewerbs- und zeichnungsfähig zu bleiben. Sie sind daher gezwungen, genau abzuwägen, in welchen Bereichen sie wie viele Versicherungskapazitäten zur Verfügung stellen – insbesondere dann, wenn eine hohe Risikoexponierung besteht. Das führt seit einigen Jahren spartenübergreifend zu einem konstanten Kapazitätsengpass.
Insbesondere bei der Deckung von Großrisiken kommt hinzu, dass zunehmend Versicherungskonsortien gebildet werden müssen. Führungsversicherer übernehmen heute meist einen deutlich geringeren Zeichnungsanteil als in der Vergangenheit. So ist der Führungsanteil beispiels- weise in der Sachversicherung in den letzten Jahren von 50 bis 60 Prozent im Durchschnitt auf 30 bis 35 Prozent gesunken, teilweise niedriger bei schweren Risiken und/oder hohen Deckungsstrecken. Diese Lücken sind mit einem erheblichen Aufwand für Kunden und Makler zu schließen.
Der Kapazitätsengpass betrifft sowohl mittelstän- dische als auch große Unternehmen – und verschärft sich zusätzlich in sogenannten besonders exponierten Branchen wie der Chemie-, Pharma- oder Lebens- mittelindustrie. Doch vor allem Konzerne befinden sich in einer prekären Lage. Sie benötigen in der Regel hohe Deckungssummen, die sie nicht allein über den deutschen Markt sicherstellen können. Dazu sind internationale Versicherungsmärkte notwendig, die die Kapazitätslücke aber auch nicht in allen Fällen schließen können.
Der Mangel an Kapazitäten ist in den einzelnen Versich- erungssparten unterschiedlich stark ausgeprägt. Vor allem in den folgenden Bereichen sollten Unternehmen die Entwicklung aufmerksam verfolgen:
Zwar ist es durchaus berechtigt, dass Versicherer gewisse Risiken nur sehr vorsichtig zeichnen. Dennoch brauchen Unternehmen sichere Rahmenbedingungen und Vertrauen in den Markt. Dieser birgt allerdings auch noch etwas Handlungsspielraum, um Risiken alternativ abzusichern.
Für Konzerne kann es sinnvoll sein, eine Captive – also ein eigenes Versicherungsunternehmen – zu gründen. So decken sie einen Teil ihrer Risiken selbst ab und verschaffen sich eine günstigere Verhandlungsposition bei der Absicherung ihrer Restrisiken. Darüber hinaus lohnt es sich zu prüfen, ob es noch Kapazitäten auf dem internationalen Markt gibt.
Mittelständler, für die der Aufwand einer Captive zu hoch wäre, müssen ihre Risikolage genauer unter die Lupe nehmen. Wer ein klares Bild seiner Gefahrenlage hat, kann zunächst eigene Maßnahmen ergreifen, um die wirtschaftlichen Folgen im Schadenfall gering zu halten. Das gibt auch den Versicherern Sicherheit und führt unter Umständen dazu, dass sie mehr bzw. die bisherigen Kapazitäten zur Verfügung stellen.
Fest steht: Unternehmen können sich nicht mehr nur auf die traditionelle Versicherung verlassen. Ein nachhaltiges Risikomanagement erfordert heute ein höheres Eigenengagement und Begleiter mit neuen, kreativen Konzepten und internationalen Kontakten in den Markt der Industrieversicherung.
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WTW MarktSpot Q1 2024 | .8 MB |