Corona bringt uns leere Strassen und Züge. Wer kann bleibt im HomeOffice, die Büros verwaisen und bleiben dunkel. Wann wird sich dies wieder ändern? Wann kommen das Licht und das Leben wieder zurück in die Büros, Strassen und Züge? Und welche Folgen hat das für uns alle?
Bereits kurz nach dem Shutdown im März 2020 kamen die ersten Empfehlungen zur Arbeit im HomeOffice. Schaffe Dir einen Raum für die Arbeit mit genügend Privatsphäre, richte den Arbeitsplatz adäquat ein und sorge für Ordnung, halte an einem regelmässigen Arbeitsplan fest und viele weitere Anregungen.
Auch für die seelische und körperliche Gesundheit wurden verschiedene Empfehlungen ausgesprochen, um mit der richtigen Ernährung oder meditativen Übungen diese neue Situation gut meistern zu können. Zudem soll der soziale Austausch ebenfalls nicht zu kurz kommen, auch wenn dieser per Videocall oder Chat stattfindet. So wurden viele von uns von einem Tag auf den anderen zu „Einsiedlern“. Dieser doch massive Einschnitt in die täglichen Gewohnheiten führte auch zu einer Veränderung der Unfall- und Krankheitsbilanzen. Sportmöglichkeiten in der freien Natur fanden über Nacht einen grossen Zulauf, hier fallen zum Beispiel die gestiegenen Unfälle der Velo- und E-Bike-FahrerInnen in den Sommermonaten auf. Auch das Kochen zu Hause wurde – zwangsläufig – wiederentdeckt, was auffällig viele zusätzliche Arztbesuche mit Schnitt- und Stichwunden mit sich brachte.
Der Shutdown ging vorüber, das HomeOffice aber blieb und gehört für viele Arbeitgeber und ArbeitnehmerInnen weiterhin zum Alltag. Der Zugang zum gewohnten Büro ist noch immer nicht oder nur (sehr) eingeschränkt möglich, die Ergonomie am heimischen Arbeitsplatz erfährt zwangsläufig einen höheren Stellenwert. Physiotherapeuten wie auch Chiropraktiker sprechen von einem höheren Zulauf an Patienten. Durch das Arbeiten am Küchen- oder Esstisch ist der „Handynacken“ dem „Laptopnacken“ gewichen.
Die neu aufgetretenen körperlichen Beschwerden sind aber nur erste Anzeichen. Die Kontakteinschränkung und das HomeOffice hat noch eine weitere, nicht minderbedeutende Begleiterscheinung zu Tage gebracht, die psychische Belastung.
Nicht nur bei Menschen mit bereits bestehenden psychischen Erkrankungen, sondern auch bei gesunden Menschen hat die Kontaktbeschränkung zu einer Erhöhung der psychischen Belastung geführt. Viele Menschen werden von Existenzängsten durch Kurzarbeit oder einem eventuellen Jobverlust bedroht, der Furcht vor dem neuen Virus (und weiteren?) und haben mit der damit einhergehenden Lebensveränderung Probleme.
Bei Jugendlichen führt die gesamte Situation zu neuen und unbekannten Stresssituationen, weil sich auch ihr Alltag schlagartig verändert hat. Online-Unterricht zu Hause (HomeSchooling), ständige Präsenz der Eltern, kein Sport mehr im Verein, Clubs wurden geschlossen, Freunde/Kollegen nicht mehr treffen etc. Dies hat Frust, Ärger aber auch Ängste anstauen lassen. Wie lange dauert diese Situation an? Wie sieht meine Zukunft aus? Kann ich meine Ausbildung beginnen?
Ältere Menschen, welche bereits zu normalen Zeiten nur wenig Kontakt mit ihrem sozialen Umfeld haben, leiden wegen der Pandemie verstärkt an Vereinsamung und Isolation. Erinnern wir uns an dieser Stelle an die Besuchsverbote in den Altersheimen und die Empfehlungen, Grosseltern vorerst nicht mehr zu besuchen. Dazu kommen Gedanken ob noch genügend Zeit bleibt, um das Ende der Pandemie zu erleben und wenn, in welcher körperlichen Verfassung man dann sein wird. Kann man die Corona-bedingt verschobenen Ferienpläne überhaupt noch realisieren?
Wie das Virus selbst, so darf auch die Entwicklung im Bereich der psychischen Erkrankungen nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Hier handelt es sich um eine weitere grosse Herausforderung, die unsere Gesellschaft auch noch dann stemmen muss, wenn über das Virus niemand mehr spricht. Erfahrungen mit anderen Epidemien zeigen, dass eine Quarantäne kurzfristig für Stress sorgt, aus dem dann langfristig ein erhöhtes Risiko für posttraumatische Belastungsstörungen, Depressionen und Substanzmissbrauch entstehen kann.
Die Kampagne „Wie geht’s Dir?“ soll Mut machen, über psychische Belastungen zu sprechen. Sie zeigt auf, dass psychische Gesundheit gefördert werden kann und gibt diverse Unterstützungsangebote bekannt. Unter www.wie-gehts-dir.ch wird aufgezeigt, warum psychische Gesundheit uns alle etwas angeht und was wir tun können, wenn unsere Ordnung aus dem Gleichgewicht gerät.
Auch die Arbeitgeber sind nicht untätig geblieben, sind die Mitarbeitenden doch Ihr wichtigstes Gut. Das gilt somit auch für deren Gesundheit, weshalb der Fokus schon seit längerem vermehrt auf präventive Massnahmen gelegt wurde. Die Corona-Pandemie hat der Thematik nun zusätzliche Bedeutung verliehen. Wir stellen fest, dass zunehmend – in Zusammenarbeit mit externen Anbietern – „Employee Assistance Programme“ eingeführt werden. Hier können sich die Mitarbeitenden zu betrieblichen wie auch persönlichen Themen (Gesundheit, Finanzen, Eingliederung, Suchtprobleme etc.) beraten lassen und haben eine erste Anlaufstelle, wenn sie Unterstützung benötigen. Ein Instrument, welches in der Schweiz bis anhin eher ein Schattendasein geführt hat, nun aber vermehrt zum Wohle der Mitarbeitenden eingesetzt wird.
Dieser vermehrte Einsatz präventiver Massnahmen zeugt von einem positiven Wandel in der Führungskultur. Erst recht in dieser von Dezentralisierung geprägten Zeit suchen die Arbeitgeber die Nähe Ihrer Mitarbeitenden. Sei dies durch entsprechende Präventionspräsentationen, virtuelle Teammeetings oder eine Kaffeepause vor der Kamera. Es bleibt zwar vielleicht noch länger dunkel in den Büros, aber es gibt ein neues Licht am Ende des Tunnels.