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Unfall oder Krankheit – wer versteht die genaue Abgrenzung?

Das Gesetz regelt eindeutig was für den Laien nicht immer nachvollziehbar ist

Von Andrea Wyss und Francesco Puliafito | 26. November 2021

Was tun bei einem Spitalaufenthalt? Wer muss informiert werden und vor allem: Wer bezahlt die Spitalrechnung? Ob Unfall oder Krankheit macht hier oft einen grossen Unterschied.
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Unschön wenn es passiert. Aber wenn es passiert, dann ist es von Vorteil, wenn man weiss, wie es funktioniert. Die Rede ist von einem Spitalaufenthalt. Wie läuft das ab? Wer muss informiert werden und vor allem: Wer bezahlt die Spitalrechnung? Viele Fragen. Da fühlt sich manch einer überfordert. Und, da noch kein Versicherungsexperte vom Himmel gefallen ist, haben wir für Sie ein paar nützliche Informationen zu diesem Thema zusammengetragen.

Es gibt – rein versicherungstechnisch – nur zwei Gründe, wieso ein Spitalaufenthalt nötig wird: Entweder aufgrund eines eingetretenen Unfalles oder als Folge einer Krankheit.

Nicht jeder Unfall ist wirklich ein Unfall

Befassen wir uns zuerst mit dem «Unfall». Umgangssprachlich wird oft der Begriff «Unfall» benutzt, auch wenn es sich rein rechtlich gar nicht um einen Unfall handelt. In der Schweiz ist der Unfallbegriff rechtlich eindeutig definiert und zwar im Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG). Dort steht im Art. 4:

Soweit – so gut. Wenn jedoch eines der genannten Merkmale nicht erfüllt ist, handelt es sich nicht um einen Unfall und das Ereignis gilt versicherungstechnisch als Krankheit.

Denn diese ist folgendermassen umschrieben:

Nicht selten ergeben sich Diskussionen zwischen Patienten und Versicherern aufgrund der Tatsache, dass nicht jeder Tatbestand oder jedes Merkmal immer klar verständlich ist. Auch bei der Frage, welche Versicherung zahlt gibt es Unterschiede und Unsicherheiten.

Während Arbeitnehmende bei einem Unfall über die Obligatorische Unfallversicherung gemäss UVG des Arbeitgebers versichert sind, sind Krankheiten über die zwar ebenfalls obligatorische, jedoch normalerweise private finanzierte Krankenversicherung versichert.

Eigene Kostenbeteiligung nur bei Krankheit

Rein finanziell ist es für die meisten Mitarbeitenden vorteilhaft, wenn es sich beim eingetretenen Ereignis um einen Unfall handelt, entfallen doch bei Unfall Selbstbehalt sowie Franchise der Krankenkasse, welche bei einem Krankheitsfall aus der eigenen Tasche zu finanzieren sind.

Nehmen wir folgendes Beispiel:

Ich gehe, eine Kartonkiste tragend die Treppe hinunter. Dabei übersehe ich eine Stufe, stolpere und falle. Beim Fallen breche ich mir durch den Aufprall auf der untersten Treppenstufe den Arm. Der Unfallbegriff ist hier erfüllt. Ich habe eine plötzliche, nicht beabsichtigte Einwirkung eines ungewöhnlichen, äusseren Faktors (die unterste Treppenstufe) auf meinen Körper. Die Arzt- und Spitalkosten werden somit von der obligatorischen Unfallversicherung (UVG) des Arbeitgebers getragen.

Im Falle einer Operation wird vorgängig seitens der Pflegeeinrichtung eine Kostengutsprache verlangt. Es ist durchaus auch möglich, dass die Klinik bereits eine Kostengutsprache für den Aufenthalt selbst benötigt und diese beim UVG Versicherer einverlangt. Nach Überprüfung des Falles wird der Versicherer die Kostengutsprache erteilen und somit werden die anfallenden Kosten durch den UVG Versicherer vergütet.

Eine andere Ausgangslage haben wir bei dem Fall (welcher sich konkret so zugetragen hatte und vom Versicherer SUVA als Unfall abgelehnt wurde), bei welchem ein Mitarbeiter beim Fussballspielen von einem Schwedenkasten runterstieg und danach sich das Knie verdrehte. Das Heruntersteigen vom Schwedenkasten ist keine alltägliche Lebensverrichtung, jedoch ist es eine normale Bewegung ohne gesteigerte Gefahrenlage. Es ist zu keiner schädigenden Einwirkung eines ungewöhnlichen, äusseren Faktors auf den Körper gekommen. Die Person ist weder gestolpert, ausgerutscht noch heruntergefallen. Versicherungstechnisch muss der Fall somit als «Krankheit» behandelt werden.

Kostengutsprache rechtzeitig einholen

Finanziell richtig unschön wird es, wenn sich eine mutmasslich verunfallte Person in einer Privatklinik operieren lässt, in der Annahme, der Unfallversicherer des Arbeitgebers deckt die Kosten. Hat der Unfallversicherer den Fall jedoch noch nicht bestätigt und kommt nach der Abklärung zum Hergang zum Schluss, dass es sich um eine «Krankheit» handelt, fallen die Kosten auf die Krankenversicherung zurück. Fehlt dort eine entsprechende Spitalzusatzversicherungsdeckung, kann die Person auf empfindlich hohen Kosten sitzen bleiben und muss diese selbst berappen. Es lohnt sich also, die entsprechenden Kostengutsprachen rechtzeitig einzuholen.

Die grössten Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben sich beim Kriterium der Ungewöhnlichkeit des äusseren Faktors. Das Ereignis respektiv die Einwirkung muss ungewöhnlich sein. Die Ungewöhnlichkeit wird bejaht, wenn der äussere Faktor nach einem objektiven Massstab nicht mehr im Rahmen des Alltäglichen des Verunfallten liegt, was für den jeweiligen Lebensbereich alltäglich und üblich ist.

Es gibt zahlreiche Gerichtsurteile, ob der Einzelfall ein Unfall oder eine Krankheit ist.

Das neue Unfallversicherungsgesetz wurde am 1. Januar 2017 in Kraft gesetzt. Ebenfalls gelten unfallähnliche Körperschädigungen (z.B. Knochenbrüche, Muskelrisse, Meniskusrisse) als Unfall, sofern sie nicht vorwiegend auf Abnützung oder Erkrankung zurückzuführen sind. Diese Abnützung oder Erkrankung muss jedoch der Unfallversicherer nachweisen. Der Faktor der Aussergewöhnlichkeit wurde mit der Gesetzesänderung abgeschafft. Dieser Faktor hat in der Vergangenheit zu vielen verschiedenen, teils unverständlichen Urteilen, geführt und wurde mittlerweile glücklicherweise gestrichen.

In Bezug auf die Schadenmeldung über den Unfallhergang gelten die im Übrigen die Aussagen der ersten Stunde. In der Regel werden die ersten Aussagen über das Ereignis als unbefangen und zuverlässig erachtet, im Gegensatz zu späteren, weiterführenden oder anderslautenden Darstellungen.

Bleiben Sie gesund!

Autoren


Senior Broker Accident & Health

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