360°Vorsorge I News
Die Wohneigentumsförderung (WEF), sei es durch Vorbezug (Art. 30c BVG) oder Verpfändung (Art. 30b BVG), zielt darauf ab, den Erwerb von Wohneigentum für den «Eigenbedarf» zu erleichtern (vgl. untenstehende Übersicht über die Voraussetzungen). Wohneigentum wird als zweckmässige Vorsorgeform angesehen, weil Versicherte im Ruhestand von Wohnkosten entlastet werden und Wohneigentum sich längerfristig durch Widerstandskraft gegen die Geldentwertung auszeichnet.
In der Praxis stellen sich vielfältige Fragen. Wir nehmen einige davon auf und beantworten diese nachfolgend aus Sicht des Versicherten.
Sie haben die Möglichkeit, einen Teil oder Ihr gesamtes Vorsorgeguthaben vorzubeziehen, um den Kauf Ihres Eigenheims zu finanzieren. Zusätzlich können Sie entweder Ihren Anspruch auf Vorsorgeleistungen oder einen Betrag bis zur Höhe Ihrer Freizügigkeitsleistung (Vorsorgeguthaben) verpfänden.
Wenn Sie Ihr Eigenheim später vermieten, besteht keine Verpflichtung, die WEF-Vorbezüge zurückzuzahlen. Das Bundesgericht hat entschieden, dass die Vermietung eines mittels WEF-Vorbezugs erworbenen und während Jahren selbst bewohnten Eigenheims mit unbefristetem Mietvertrag, der von beiden Parteien mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden kann, kein Recht einräumt, welches wirtschaftlich einer Veräusserung gleichkommt. Sie sind daher nicht verpflichtet, den Vorbezug zurückzuzahlen.
Wenn Sie eine B- oder C-Bewilligung haben und in der Schweiz leben, ohne einen Wohnsitz zu begründen (wie ein Saisonnier), können Sie einen Vorbezug für den Bau Ihrer Familienwohnung in Ihrem Herkunftsland beziehen. Voraussetzung dafür ist, dass Ihre gesamte Familie (Partner und Kinder) in Ihrem Heimatland geblieben ist und Sie regelmässig zu Ihrer Familie zurückkehren. Die Voraussetzung der regelmässigen Rückkehr ist erfüllt, wenn Sie «wann immer es Ihnen unter Berücksichtigung der beruflichen, geographischen und finanziellen Umstände möglich ist, mindestens aber einmal im Jahr während Ihres Jahresurlaubs» nach Hause reisen. Wenn Sie hingegen eine ausländische Staatsangehörigkeit besitzen und in der Schweiz Wohnsitz haben, können Sie Ihr Vorsorgeguthaben nicht für den Bau Ihres Hauses in Ihrem Heimatland verwenden, selbst wenn Ihre Familie dort lebt.
Im französischen Recht gibt es das Miteigentum nicht und Konkubinatspartner können lediglich in der Form von gemeinschaftlichem Eigentum («indivision») Grundeigentum zur Hälfte erwerben. Wenn Ihre Vorsorgeeinrichtung einen Antrag auf Vorbezug ablehnt, weil Sie als Grenzgänger im Konkubinat leben, mit der Begründung, dass nur die Form des Miteigentums nach Art. 2 Abs. 2 Bst. b WEFV vorgesehen sei, dann verstösst sie gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Sie muss einen Vorbezug zulassen, wenn es eine Ähnlichkeit zwischen der schweizerischen und einer ausländischen Rechtsordnung gibt, wie dies beim Miteigentum nach schweizerischem Recht und dem gemeinschaftlichen Eigentum nach französischem Recht der Fall ist.
Wenn sich Ihr Eigenheim im Ausland befindet und es nicht möglich ist, die Veräusserungsbeschränkung im Grundbuch einzutragen, kann Ihre Vorsorgeeinrichtung stattdessen eine notarielle Urkunde oder eine Bescheinigung von der Gemeinde, in der sich Ihre Immobilie befindet, oder von der Bank verlangen, dass der beantragte Betrag für den Erwerb von Wohneigentum verwendet wird. Teilweise gibt es auch im Ausland Dienststellen oder Register, welche Nachweise über Grundeigentum erbringen können.
Vorsorgeguthaben dürfen nicht für den Erwerb einer Zweitwohnung verwendet werden. Dasselbe gilt für die Finanzierung einer Zweitwohnung oder eines Ferienhauses, das später zu Ihrer Hauptwohnung werden soll. Es ist somit ausgeschlossen, Ihr Vorsorgeguthaben für den Erwerb einer Zweitwohnung zu verwenden. Ausserdem darf Ihr Vorsorgeguthaben jeweils nur für ein Objekt verwendet werden (Art. 1 Abs. 2 WEFV). Sie können also nicht mit Hilfe von WEF-Vorbezügen in Ihre Hauptwohnung und Ihre Zweitwohnung investieren. Wenn Sie hingegen später in Ihre Zweitwohnung ziehen und sie zur Hauptwohnung machen, können Sie den für die bisherige Hauptwohnung gemachten Vorbezug auf die neue Hauptwohnung übertragen lassen.
Wenn Sie mit entsprechenden Belegen glaubwürdig nachweisen, dass Sie in naher Zukunft im Ausland Wohnsitz nehmen, ein Eigenheim erwerben und selbst bewohnen werden, kann Ihre Vorsorgeeinrichtung einen Vorbezug zulassen. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn Sie in Ihr Heimatland zurückkehren oder ins Ausland umziehen.
Im Falle eines WEF-Vorbezuges und späterer Scheidung muss das Gericht für den Vorsorgeausgleich bei Scheidung von Amtes wegen prüfen, ob bei der Veräusserung der Familienwohnung ein Verlust absehbar ist, der die Rückzahlung des Vorbezugs verunmöglichen könnte (Art. 30d Abs. 5 BVG). Ihr Vorbezug aus Ihrem Vorsorgeguthaben darf nicht in die Teilung einbezogen werden, ohne dass sich der Richter vorher vergewissert hat, dass der Betrag an Ihre Vorsorgeeinrichtung zurückbezahlt werden kann (Art. 30d BVG). Dies gilt insbesondere, wenn dem Gericht bekannt ist, dass der Verkauf der Familienwohnung nicht nur zum Gesamtverlust des bezogenen Betrags führen wird, sondern auch eine Bankschuld bestehen bleibt.