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Nach COVID-19 ist der Klimawandel die nächste Herausforderung 

19. November 2021

Technologieunternehmen helfen Organisationen bei der Anpassung an die weltweite Corona-Pandemie. Die nächste große Herausforderung ist die Bewältigung des Klimawandels.
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COVID-19 führt uns vor Augen, dass bestimmte Ereignisse grundlegende gesellschaftliche und wirtschaftliche Erschütterungen auslösen können – aber: "Was kommt als Nächstes?" Das tödliche Virus ist noch nicht am Ende – ganz im Gegenteil –, aber wir wissen bereits, was die nächste große Herausforderung ist: der Klimawandel.

Technologieunternehmen, die eine große Rolle dabei gespielt haben, dass Organisationen inmitten der Pandemie weiterarbeiten konnten, können auch bei der Bewältigung des Klimawandels eine große Rolle spielen. Vor allem Big Data und maschinelles Lernen könnten sowohl Finanzdienstleistern als auch Unternehmen helfen, ihr Klimarisiko zu bestimmen.

Der Klimawandel ist das, was viele als „grauen Schwan“ bezeichnen. Im Gegensatz zu einem unvorhersehbaren Ereignis, einem schwarzen Schwan, ist der Klimawandel vollkommen vorhersehbar. Er ist etwas, das wir seit Jahrzehnten kennen – der Anteil des Menschen an der CO2-Konzentration in der Atmosphäre wird seit den späten 1950er-Jahren genau gemessen. Doch trotz der existenziellen Bedrohung tun wir als Gesellschaft nicht genug, um das Problem des Klimawandels anzugehen.

Das soll nicht heißen, dass wir keine Fortschritte gemacht haben. Viele Finanzinstitute und andere Unternehmen verstehen zunehmend, dass sie Klimarisiken ausgesetzt sind und reduzieren ihren Kohlenstoff-Fußabdruck. Das Tempo wird noch zunehmen, da immer mehr Unternehmen gleich von vier Seiten aus unter Druck gesetzt werden – durch:

  • Regulierungsbehörden
  • institutionelle Anleger
  • Verbraucher und Mitarbeiter
  • das Risikomanagement und eine wachsende „Deckungslücke“

Selbst in Ländern, in denen Skepsis gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels herrscht, müssen sich die Unternehmen mit diesen vier Faktoren auseinandersetzen. Regelungen sind unumgänglich. Die Erwartungen der Stakeholder können nicht länger ignoriert werden. Und die Deckungslücke wird größer, weil der Meeresspiegel steigt, Überschwemmungsrisiken zunehmen und Brände außer Kontrolle geraten: die Nachfrage nach einer verständlichen und handhabbaren Aufschlüsselung der Umweltrisiken explodiert.

COVID-19 macht das Thema Klimawandel noch dringlicher und komplexer. Denken Sie zum Beispiel an die enormen Auswirkungen der Pandemie auf das traditionelle Geschäftsmodell des Einzelhandels und die globalen Lieferketten. Unternehmen auf der ganzen Welt passen schneller als erwartet ihre Geschäftsmodelle an eine Bedrohung an, die zwar abstrakt erfasst wurde, aber in der Unternehmensplanung kaum eine Rolle spielte. Technologieunternehmen haben dazu beigetragen, dass sich Unternehmen schnell auf die beispiellosen Verhältnisse der globalen Pandemie einstellen konnten. Wir können aus diesen Erfahrungen lernen, wenn sich die Klimakrise verschärft, und den durch COVID ausgelösten Wandel nutzen, um neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, die den anstehenden Klimawandel einbeziehen.

Regulierungsbehörden fürchten systemische Herausforderungen

Die Regulierungsbehörden, zunächst in den Ländern der Gruppe der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20), betrachten den Klimawandel inzwischen als eine systemische Herausforderung für das Finanzsystem. Viele fordern Versicherer und andere Finanzdienstleister auf, ihre Gefährdung durch den Klimawandel zu ermitteln und zu quantifizieren, einen Berichtsrahmen auszuarbeiten und Verfahren zur Risikominderung zu entwickeln.

Obwohl es sich nicht um ein Regelwerk handelt, entspricht die Intention vieler Regulierungsbemühungen den Empfehlungen der Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) des Financial Stability Board aus dem Jahr 2017. Die TCFD-Empfehlungen beziehen sich auf die Unternehmensführung, die Unternehmensstrategie und die Finanzplanung, das klimabezogene Risikomanagement und die Messgrößen, die zur Bewertung und zum Management klimabezogener Risiken und Chancen verwendet werden.

In einem kürzlich veröffentlichten Call to Action an die Finanzaufsichtsbehörden stellte das Harvard Law School Forum on Corporate Governance fest, dass klimabedingte systemische Risiken die Kapitalmärkte zu destabilisieren drohen, was erhebliche Folgen für die Finanzinstitute und die Wirtschaft insgesamt hätte. Es zitierte Studien, wonach allein die US-Wirtschaft bei ungebremstem Klimawandel bis zum Jahr 2100 um zehn Prozent schrumpfen könnte. Das Forum kam zu dem Schluss, dass der Versicherungssektor sowie Banken und Finanzinstitute, die Kredite an kohlenstoffintensive Unternehmen vergeben haben, „besonders anfällig" sind.

Investoren wenden ESG-Prinzipien an

Investment- und Nachhaltigkeitsexperten von Willis Towers Watson haben ein Papier mit dem Titel „Sustainable Investing: Show Me the Evidence“ erstellt, in dem umfangreiche Forschungsergebnisse genannt werden, die darauf hindeuten, dass solide Nachhaltigkeitsstandards die Kapitalkosten eines Unternehmens senken und dessen Performance verbessern können.

Eine bessere Performance macht jeden Investor hellhörig; doch viele Vermögensverwalter und Anlageberater sind noch einen Schritt weiter gegangen, indem sie Investitionen in Unternehmen reduziert oder ausgeschlossen haben, die die ESG-Grundsätze (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) nicht anwenden, um nachhaltigere, klimaresistente Portfolios zu entwickeln.

BlackRock, der weltweit größte Vermögensverwalter, erklärte 2020 in einem Kundenbrief, dass der Klimawandel zu einem wichtigen Investitionsfaktor geworden ist, weil es darum geht, wie der Vermögensverwalter sowohl physische Risiken berücksichtigt als auch Risiken im Zusammenhang mit dem Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft. In einem Brief an die CEOs aus dem Jahr 2020 fasste Larry Fink, Chairman und CEO von BlackRock, seine Überlegungen so zusammen: Das Klimarisiko ist ein Investitionsrisiko.

Fink ist der Ansicht, dass die durch den Klimawandel bedingten Anlagerisiken eine erhebliche Umschichtung von Kapital beschleunigen werden, was wiederum tiefgreifende Auswirkungen auf die Bepreisung von Risiken und Vermögenswerten auf der ganzen Welt haben wird. Das Unternehmen reduziert aktiv seine ESG-Risiken, zum Beispiel bei der Kohleförderung. Vanguard, Morgan Stanley und andere Anlageverwalter und -berater unternehmen ähnliche Schritte.

Eine wachsende Rolle der Verbraucher

Die Verbraucher gewinnen zunehmend an Einfluss, indem sie Produkte von Unternehmen kaufen, die sich an den Grundsätzen der Nachhaltigkeit orientieren. Sie entscheiden mit ihrem Geld, ob sie Unternehmen bevorzugen, die einen durchdachteren, von mehreren Interessengruppen getragenen Wirtschaftsansatz verfolgen.

Die Boston Consulting Group hat in einer kürzlich durchgeführten Umfrage herausgefunden, dass führende Konsumgüterunternehmen ihren Fokus auf Nachhaltigkeit beibehalten wollen, auch wenn sie mit den verheerenden Auswirkungen von COVID-19 zu kämpfen haben. Sie wissen, dass der Druck der Verbraucher durch die Pandemie nicht verschwinden wird, und kommen zu dem Schluss, dass eine heutige Abkehr von der Nachhaltigkeit erhebliche künftige Geschäftsrisiken mit sich bringen würde.

Das Analyseunternehmen Nielsen schätzt, dass der Verbrauchermarkt für nachhaltige Produkte im Jahr 2021 ein Volumen von 150 Milliarden Dollar erreichen wird. Eine von der Harvard Business Review zitierte Studie ergab, dass „als nachhaltig vermarktete Produkte“ in über 90 Prozent der Konsumgüterkategorien schneller wachsen als konventionelle Angebote.

150
Milliarden Dollar Volumen soll, laut Schätzung von dem Analyseunternehmen Nielsen, der Verbrauchermarkt für nachhaltige Produkte im Jahr 2021 erreichen. 

Die „Deckungslücke“

Der Klimawandel hat ein Ausmaß angenommen, dem herkömmliche Risikomanagement-Verfahren nicht gewachsen sind. Finanzinstitute und andere Unternehmen, die klimabezogene Risiken am besten erkennen, messen und managen können, verfolgen in der Regel einen integrierten Ansatz, der Unternehmen mit ihren unterschiedlichen Bereichen als Ganzes umfasst.

Dabei kommt natürlich auch das Einmaleins des Risikomanagements ins Spiel. Risikomanager verfügen beispielsweise über wertvolle Erfahrungen mit Sachrisiken, die mit der Erwärmung der Erde, den veränderten Wetterbedingungen und dem Anstieg des Meeresspiegels wahrscheinlich zunehmen werden. Deckungslücken können jedoch entstehen, wenn ein Unternehmen keinen umfassenderen Ansatz verfolgt, der den verstärkten Einsatz von Risikoanalysen und -modellierung, Klimarisiko-Audits und Stresstests genauso beinhaltet wie ESG-basierte Vermögensanalyse- und Investitionsstrategien und deren Umsetzung sowie Talent- und Rewards-Strategien, die helfen, klimabezogene Unternehmensziele zu erreichen.

Technologieunternehmen können bei der Bewältigung des Klimawandels eine wichtige Rolle spielen. Ein Beispiel ist Planet Labs Inc., das Mikrosatelliten, maschinelles Lernen und andere Technologien nutzt, um Überschwemmungsrisiken zu erkennen. In einer Demonstration, bei der etwa eine hochauflösende Satellitenkarte und maschinelles Lernen zum Einsatz kamen, ermittelte das Unternehmen, wo Gebäude in einer sich klimabedingt verändernden Welt besonders anfällig für Überschwemmungen wären. Planet Labs überlegt, wie dies zu neuen Formen von Mikroversicherungen, klimaresilienten Kommunalobligationen und anderen innovativen Finanzinstrumenten führen könnte.

Auch Big Data wird eine immer größere Rolle spielen. Wenn es ein Thema gibt, das die Auswertung enormer Datenmengen und neue Erkenntnisse im Schnittfeld von Wissenschaft und Finanzen erfordert, dann ist es der Klimawandel. Big Data und analytisches Know-how sind unerlässlich, um Finanzinstitute und Unternehmen bei der Entwicklung von Risiko- und Preisgestaltungsmodellen zu unterstützen. Es ist ein Monsterjob.

Es ist klar, dass Swiss Re, Munich Re und andere große Rückversicherer sich wissenschaftlich mit diesem Thema befassen, und andere Versicherer entscheiden jetzt generell darüber, was sie versichern und in was sie investieren wollen. Während einige Versicherer mit dieser Herausforderung zu kämpfen haben, sehen wir ihr Interesse, mehr über die Auswirkungen des Klimarisikos zu lernen; und sie beginnen, strategische Entscheidungen zu treffen, um ihr ESG-Profil zu managen.

Die besten Unternehmen – und die Mathematik beweist es – sind diejenigen, die ESG, Nachhaltigkeit und integrative Wirtschaftsmodelle ernst nehmen. Dies ist eindeutig der Weg – und vielleicht der einzige Weg –, um die künftigen Auswirkungen des Klimawandels auf Ihr Unternehmen zu verstehen. Wichtig ist, dass Sie dem Klimawandel, den ESG-Prinzipien und den Instrumenten, Strategien und Geschäftspartnern, die Sie für die Zukunftssicherung Ihres Unternehmens benötigen, Ihre Aufmerksamkeit schenken. Wenn Sie das nicht tun, werden andere an Ihnen vorbeirauschen.

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Head of Risk & Analytics and Strategic Risk Consulting DACH

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