Wer sich aktuell mit den Themen Karrieremanagement, Job-Architektur oder Talent-Management beschäftigt, muss sich mit der Diskussion rund um das Thema Skills befassen. Denn durch die immer schneller wechselnden Anforderungen in einer dynamischen Umwelt werden Mechanismen gesucht, um Mitarbeiter und Stellen oder Projekte passgenau zusammenzubringen. Zudem kommt es darauf an, die Employability der Mitarbeiter und damit auch die Zukunftsfähigkeit der Organisation zu fördern und die richtigen Mitarbeiter gezielt zu gewinnen und zu halten. Um ein erfolgreiches Skill-Management aufzubauen, muss man folgende Fragen unternehmensspezifisch beantworten.
Eine zentrale Frage, um ein passgenaues Konzept zum Thema Skills zu gestalten, ist die nach dem „Wofür“. Skills können als Hebel für das Meistern verschiedener Business-Herausforderungen genutzt werden; je nach Bedarf sind unterschiedliche Ansätze bzw. Use Cases sinnvoll:
Stellen und Projekte passgenau staffen: Eine typische Anwendung ist ein sogenannter Talent Marketplace, um Mitarbeiter und Stellen oder Projekte zusammenzubringen. Skills bieten hier eine Verknüpfung, die über klassische Jobfamilien-Konzepte und Karrierestufen hinaus Talentpotenziale sichtbar machen kann. Nicht nur die Skills, die Mitarbeiter vielleicht mitbringen, aber in ihrer aktuellen Rolle nicht zeigen können, werden so sichtbar und wertgeschätzt. Mit einer geeigneten Skill-Taxonomie können zudem Mitarbeiter und Jobs verbunden werden, die scheinbar wenig miteinander zu tun haben, aber mit Blick auf die Skills zusammenpassen.
Experten gewinnen und halten: Ein guter Überblick über benötigte Skills ist die Basis, um zu sehen, welche Experten gebraucht werden. Eine höhere Flexibilität in der Vergütung für sogenannte „Hot Jobs“ kann dann dabei helfen, die Arbeitgeberattraktivität zu steigern und den Kampf um die entsprechenden Talente zu gewinnen. In einer Befragung von Willis Towers Watson gaben 51 Prozent der Unternehmen an, dass sie sich mit diesem Thema beschäftigen (Studie Hot Jobs, Skills and Real Time Pay, May 2021). Wichtig ist auch ein Überblick darüber, welche Skills im Markt aktuell stark nachgefragt sind und wie diese vergütet werden.
Zukunftsfähigkeit sichern: Ein drittes Thema, das auch eine gesellschaftliche Perspektive hat, ist das Sichern der Beschäftigungsfähigkeit der Mitarbeiter. Denn durch den Wegfall oder die Automatisierung vieler Tätigkeiten ist oft ein sogenanntes Re-Skilling erforderlich, also das Erlernen neuer Skills, die die Mitarbeiter für andere Jobs qualifizieren. Auch wenn Tätigkeiten nicht entfallen, ändern sich die Anforderungen zunehmend. Deshalb brauchen Unternehmen und Mitarbeiter einen konstanten Blick auf die benötigten Skills, um sie dann gezielt aufzubauen. So können Unternehmen auch dafür sorgen, dass sie mittel- und langfristig die relevanten Skills haben, um ihre Strategie erfolgreich zu verfolgen.
Wenn Klarheit über das „Wofür“ der Skills herrscht, geht es um die Strategie deren Integration in die HR-Landschaft. Hier ist eine gewisse Spannweite möglich. Einerseits können Skills als Stand-Alone-Tool verwendet werden, gerade wenn es primär darum geht, eine Übersicht über das Skill-Portfolio von Mitarbeitern und Weiterbildungsbedarfe zu bekommen. Oft jedoch werden Skills als Teil der Wissensarchitektur in die Karrierearchitektur integriert. Deren Wertigkeitsdimension, die zum Beispiel durch eine Stellenbewertung gestaltet werden kann, und deren inhaltliche Dimension, wie sie etwa ein Jobfamilien-Konzept zum Ausdruckt bringt, ergänzt die Wissensarchitektur um Informationen über benötigte Skills und Fähigkeiten.
Skills können auch als Basis für HR-Prozesse verwendet werden. Sie strukturieren Stellen und determinieren die Anforderungen, um Angebot und Bedarf abzugleichen. Skills sind dann nicht nur eine Ergänzung bestehender Systeme, sondern die Grundlage aller Prozesse.
Eine weitere Frage ist, wie die relevanten Skills ermittelt werden können. Ideal ist es, dazu unterschiedliche Perspektiven einzunehmen – einerseits die interne Sicht des Business (Welche Skills sind aktuell kritisch – und welche in Zukunft?), andererseits auch die externe Sicht. Standardisierte Skill-Kataloge bieten oft einen guten ersten Ansatzpunkt, um die individuell fokussierten Skills zu identifizieren. Es kommt jedoch weniger darauf an, alle Skills gründlich zu erfassen; oft ist eine gezielte Auswahl der wichtigsten Skills oder der künftig erforderlichen Skills besser. Dazu bieten sich vor allem KI-gestützte Web-Analysen an. Auch das Thema Talent-Mobilität lässt sich mit KI-gestützten Web-Analysen näher beleuchten; hier geht es etwa um die Fragen: Wohin verlieren wir unsere Mitarbeiter? Woher kommen sie? Oder auch: Welche Jobs sind auf Basis des typischen Skillsets eines Jobs als mögliche Karriereschritte denkbar?
Letztendlich stellen sich die Fragen, wie Skills in den HR-Prozessen genutzt werden können und welche Tools dies erleichtern. Zum ersten Punkt gehören Themen wie die Art der Erfassung: Werden Skills als reine Ja-Nein-Kategorie behandelt oder werden sie abgestuft? Hier gilt es immer, in Bezug auf die Use Cases die optimale Balance zwischen Aufwand und Nutzen zu sichern. Die Frage der Nutzung muss auch im Zusammenhang mit den benötigten Tools diskutiert werden. Für das Skill-Management gibt es viele HR-Lösungen, angefangen von Stand-Alone-Lösungen, die im engeren Sinne Skills verwalten und einen Talent-Marktplatz ermöglichen, bis hin zu den typischen HRIS-Lösungen, die oft ebenfalls Module bieten, um Skills zu verwalten.
Auch hier gilt es, die Tools und Folgeprozesse im Rahmen der Use Cases zu betrachten. Um die Entwicklung gezielt gestalten zu können, benötigen Führungskräfte und Mitarbeiter Transparenz über die Skills, die für einen Job und vor allem darüber hinaus zunehmend wichtig werden. Dabei hilft eine strategische Bedarfsplanung, die relevanten Skill-Bereiche zu identifizieren und zu antizipieren. Damit die Mitarbeiter aber auch selbst aktiv werden können, brauchen sie die Unterstützung durch die Führungskräfte, geeignete Prozesse sowie ein gutes Tool. Frei allokierbare Weiterbildungsbudgets, zeitlich begrenzte Projekteinsätze in anderen Themenbereichen, einen Marktplatz mit Projekten oder Aufgaben, auf die sich Mitarbeiter bewerben können, sind alles Ideen, um die Eigenständigkeit der Mitarbeiter gezielt zu unterstützten.
Um ein effektives und gezieltes Skill-Management zu implementieren, muss man klar definieren, wofür genau es genutzt werden soll. Dabei ist eine gute Balance zwischen der Perspektive der Mitarbeiter und des Unternehmens zentral. Skills, die künftig wichtiger werden und die Mitarbeiter befähigen, zum Erfolg des Unternehmens beizutragen, sollten im Fokus stehen, um Führungskräften und Mitarbeitern Orientierung zu bieten. Gleichzeitig sollte auch die Mitarbeiterperspektive betrachtet werden. Über welche Skills verfügen Mitarbeiter auch über den eigenen Job hinaus, um Karrieremöglichkeiten auch außerhalb der klassischen Job-Familien zu ermöglichen und Talente möglichst breit zu identifizieren? Letztendlich braucht es eine gute technische Grundlage, um Skills effektiv zu managen.