Fünf Thesen zur bAV-Digitalisierung
Vor fünf Jahren begann die bAV-Community zu diskutieren, welche Implikationen die Digitalisierung auf die bAV hat. Und tatsächlich sind deutliche Digitalisierungsfortschritte zu verzeichnen, wie die jährlichen Marktumfragen von Willis Towers Watson zeigen. Die wesentlichen Trends lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Wo stehen die Unternehmen heute?
Die Ansprüche an die digitale Kommunikation sind in den letzten Jahren erheblich gewachsen, nicht nur beim privaten Online-Shopping, sondern auch in der bAV-Kommunikation.
Die Ansprüche an die digitale Kommunikation sind in den letzten Jahren erheblich gewachsen, nicht nur beim privaten Online-Shopping, sondern auch in der bAV-Kommunikation. Sowohl Mitarbeiter der bAV-Funktion als auch die anspruchsberechtigten Mitarbeiter und Versorgungsempfänger sind neue Standards hinsichtlich Geschwindigkeit, Service-Niveaus und Kommunikation gewohnt und fordern einen solchen Top-Service auch für das bAV-Erlebnis ein.
Dazu beigetragen haben sehr erfolgreiche Online-Geschäftsmodelle in den verschiedensten Bereichen (Konsumgüter, Touristik, Finanzdienstleistungen) aber auch zahlreiche unternehmensinterne HR-Prozesse, die neue Benchmarks und damit Erwartungen aller Mitarbeiter inklusive der bAV-Abteilungen verändert haben.
Getrieben wurde diese Entwicklung entscheidend durch den allgemeinen technologischen Fortschritt. Dieser hilft auch der bAV, indem der Zugang zu neuen technologischen Möglichkeiten auch für den – im Verhältnis zu anderen Märkten relativ kleinen – bAV-Markt geschaffen wird. Beispiele hierfür sind cloudbasierte skalierbare Lösungen, Künstliche Intelligenz (KI) usw. Damit einhergehen jedoch auch deutlich gestiegene Anforderungen an Sicherheit sowie an das Management der entsprechenden Risiken und Abhängigkeiten. Cloud- oder KI-Lösungen sind in der bAV immer noch nicht weit verbreitet.
Die Digitalisierung wurde noch zusätzlich durch die Covid-19 Pandemie beschleunigt. Diese hat das Service- und Sourcing-Modell vieler bAV-Organisation auf den Prüfstand gestellt. Analoge Prozesse oder Strukturen (wie papierbezogene Dokumente, zentrale Organisationsformen) konnten teilweise nur mit eingeschränkten Service-Niveaus fortgeführt werden. Auch gängige Business-Continuity-Modelle, die überregional oder global installiert waren, wurde durch die globale Pandemie einem Stresstest unterzogen und konnten nur mit zusätzlichen digitalen Lösungen robuster gemacht werden. Der bei vielen Unternehmen verfolgte – eher pragmatische – Ansatz einer stufenweisen Digitalisierung musste durch die Covid-19-Pandemie durch eine wesentlich schnellere Digitalisierungsstrategie ersetzt werden.
Als Treiber nicht zu unterschätzen sind weitere Regulierungen (beispielsweise im Datenschutz oder die digitale Rentenübersicht). Auch der demografische Wandel beschleunigt diese Entwicklung: die als “digital natives” bezeichneten Generationen Y und Z treten ins Berufsleben ein; enge Arbeitsmärkte veranlassen Unternehmen, ihr (digital unterstütztes) Talent-Management sowie die Employee Experience zu verbessern. Zudem forcieren gestiegene Arbeitskosten die Suche nach effizienteren und kostengünstigeren digitalen Lösungen.
Die neuen Möglichkeiten und die höheren Anforderungen der Berechtigten führen dazu, dass viele Unternehmen ihren bAV-Auftritt grundsätzlich überdenken. Ihr Ziel ist es, ein neues bAV-Erlebnis – angelehnt an das Konsumentengeschäft – zu schaffen, bei dem die Berechtigten in den Mittelpunkt gerückt werden. Ein solcher Top-Service wird nun zunehmend von den Berechtigten – geprägt aus den Konsumentengeschäft – eingefordert. Zudem rücken neben aktiven Mitarbeiter/-innen auch zunehmend Leistungsempfänger in den Fokus, die infolge der Demographie ein immer stärkeres Gewicht bekommen und ihre digitalen Gewohnheiten auch in die inaktive Phase transportiert wissen möchten.
Der Automatisierungsgrad und die Effizienz konnte durch die Digitalisierung gesteigert werden, wie die entsprechenden Studien von Willis Towers Watson gezeigt haben. Dennoch bestehen weiterhin wesentliche Hürden. Als Hauptgründe nennen Unternehmen die zunehmende Komplexität, Datenschutz, gestiegene Anforderungen an Services und – nicht zu vergessen – auch entsprechende höhere Investitionsbudgets für Technologie. Letzteres ergibt sich aus den – teilweise – sehr zersplitterten bAV-Strukturen, die für eine umfassende Digitalisierung hohe Investitionen notwendig machen.
Bisher zeigt sich kein einheitliches Bild bei der Unterstützung der gesamthaften Finanzplanung der Mitarbeiter/-innen:
Die Dynamik der bAV-Digitalisierung wird gerade vor dem Hintergrund steigender Arbeitskosten und dem Wettbewerb um Talente in engen Arbeitsmärkten weiterhin zunehmen. Die jeweiligen Investitionsentscheidungen werden dabei noch stärker Wirtschaftlichkeitsabwägungen folgen müssen, da Digitalisierungserfolge besonders bei skalierbaren Systemen erzielt werden können.
Hieraus ergeben sich folgende Implikationen.
Zumindest für eine Übergangszeit führt dies zu einem segmentierten Markt einerseits mit hoch-effizienten digitalisierten Lösungen, die einen Top-Service und ein exzellentes Nutzererlebnis bieten oder traditionellen wenig digitalisierten Lösungen anderseits. Service-Niveaus werden sich von einem Top-Service bis hinunter zu Basislösungen mit Minimalstandards bewegen.