Beim Thema Klimawandel kommen Entscheider weltweit ins Schwitzen. Kurz-, mittel- und langfristig sehen sie Klimarisiken on top der Gefahren, die unsere Welt bedrohen, wie der aktuelle Global Risk Report des World Economic Forum (WEF) belegt. Was bedeutet das für die Wirtschaft? Dazu alarmierende Zahlen von Munich Re: „Naturkatastrophen verursachen 2021 Gesamtschäden von 280 Mrd. US$, nur etwa 120 Mrd. US$ waren versichert.“
Klimarisiken betreffen dabei Konzerne genauso wie mittelständische Unternehmen. Alle sitzen in einem Boot, und das droht, Leck zu schlagen. Insgesamt ist die Lage allerdings sehr vielschichtig. Auf den ersten Blick geht es vor allem um akute physische Risiken wie Wirbelstürme und Hochwasser sowie um chronische physische Risiken wie steigende Meeresspiegel und ausdörrende Regionen. Über kurz oder lang sind dadurch jeweils Standorte, Lieferketten und ganze Wertschöpfungsnetze gefährdet.
Unternehmen sind jedoch auch gefordert, klimaneutral zu wirtschaften. Viele müssen dazu ihre Geschäftsmodelle umgestalten oder sich gleich neu erfinden. Druck machen hier nicht nur die Aufsichtsbehörden, sondern auch Investoren, die auf der grünen Seite sein wollen, oder auch Kunden, die immer mehr auf Nachhaltigkeit achten.
Auf ihrem Weg in Richtung Net Zero begegnen den Unternehmen dabei vielfältige transitorische Risiken: Welche Gesetze dürfen wir nicht verletzen? Wo droht uns ein Reputationsverlust, wenn wir nicht schnell genug umschalten? Investieren wir wirklich in zukunftsfähige Technologien? Wie reagiert der Markt auf unseren neuen Weg – zahlt sich der ganze Aufwand also unter dem Strich für uns aus?
Was viele Unternehmen noch nicht auf dem Schirm haben: Wer sein Geschäftsmodell im Rahmen einer Net-Zero-Strategie umstellt und seine Standorte, Lieferketten und Wertschöpfungsnetze neu sortiert, kann sich auch neue physische Risiken einhandeln. Transitorische und physische Risiken sind also eng miteinander verwoben.
Alles in allem sind Unternehmen jetzt gefordert, ihre gesamten Klimarisiken transparent zu machen und darauf strategisch und operativ so zu reagieren, dass sich für sie auch neue unternehmerische Chancen ergeben. Unsere Projekterfahrung zeigt: Wer hier als Early Mover nach vorn geht, gewinnt klare Wettbewerbs- bzw. Marktvorteile und ihm fällt es auch leichter, Investoren von seiner Zukunftsfähigkeit zu überzeugen. Risikomanagement ist immer auch Chancenmanagement.
Entscheidend für Unternehmen ist: Sie müssen umfassend verstehen, welchen Risiken sie ausgesetzt sind, wie sie am besten darauf reagieren können und welche Wirkung dies auf ihre Bilanz hat. Letzten Endes geht es darum, die finanzwirtschaftlichen Leistungskennzahlen im grünen Bereich zu halten.
Unternehmen müssen dabei nicht bei Null beginnen. Ihre Risikomanagement-Experten verfügen meist schon über Methoden und Tools, um die aktuelle Risikolage zu erfassen und zu bewerten. Wichtig ist jetzt jedoch auch, Risiken und Chancen entlang der Transition Journey mit einer weiteren Perspektive zu erfassen. Nur wer weit genug nach vorn schaut, kann zukunftssicher planen.
Bewährt hat sich dazu ein Vorgehen in vier Schritten:
Entsprechende planerische Entscheidungen betreffen auch das Risiko- und Versicherungsmanagement der Unternehmen. Wenn sie zum Beispiel wesentliche Assets perspektivisch in eine bessere Risikoposition bewegen, wirkt sich dies günstig auf ihre Versicherungskonditionen aus. Frei werdende Mittel können sie etwa in den Schutz von Gebäuden und Anlagen investieren.
Ein klares Bild ihres Risikoprofils und eine entsprechende Agenda helfen Unternehmen auch, ihre Risikotragfähigkeit neu zu definieren. Wer seine Risiken vorausschauend managt, kann in der Regel mehr Risiken selbst tragen und zum Beispiel über eine Captive, also den eigenen Versicherer absichern; gerade in Zeiten harter Versicherungsmärkte ist dies oft ohnehin eine wirtschaftlich sinnvolle Lösung.
Unternehmen bieten sich jedoch auch andere Möglichkeiten für einen alternativen Risikotransfer – etwa parametrische Versicherungslösungen: Schäden werden dabei nicht aufwändig individuell bewertet und überprüft; maßgeblich für eine pauschalisierte Regulierung ist lediglich, dass ein Unternehmen von einem vertraglich definierten Ereignis betroffen ist und sich dies objektiv messen lässt.
Unternehmen, die ihre Klimarisiken wie skizziert zum ersten Mal identifizieren, quantifizieren und daraus Handlungsoptionen ableiten, brauchen dafür erst einmal etwas Zeit und die richtigen Methoden und Tools. Aber immerhin geht es um ihre Zukunft. Und nach einem gewissen Anlauf spielen sich die planerischen und gestalterischen Routinen auch gut ein – mit überzeugenden Vorteilen:
Unternehmen sind also gut beraten, das Thema Klimarisiken jetzt zur Chefsache zu machen. Dazu braucht es ein interdisziplinäres Teamwork: Verantwortliche aus den Bereichen Risikomanagement, Versicherungsmanagement, Corporate Social Responsibility, Finance und strategische Planung gehören an einen Tisch.
Zumindest hinsichtlich der eigenen Klimarisiken muss dann keiner mehr ins Schwitzen kommen. Und am besten ziehen alle Unternehmen an einem Strang. Denn die Zeit drängt.