Herr Reinmann, Bristol Myers Squibb hat die Ziele für die Neugestaltung der Total Rewards hoch gesetzt – warum?
Wir möchten ein gerne gesehener Arbeitgeber sein. Das bestimmt auch unsere Vergütungsphilosophie. Unser Vergütungspaket konnte sich schon vor der Übernahme von Celgene im Marktvergleich gut sehen lassen und dies sollte weiterhin so bleiben. Bristol Myers Sqibb hat die Integration der Total Rewards deshalb bewusst unter das Motto „be bold“ gestellt.
Hinzu kam, dass es nach einem Merger besonders wichtig ist, dass man den Mitarbeitenden nach der Umstellung ein Vergütungspaket vorlegt, das mindestens genauso gut ist, wie vorher, sonst verliert man Drive und Attraktivität. Wir haben das Beste aus beiden Welten übernommen und den Mitarbeitenden zusätzlich noch etwas Neues angeboten.
Und das wäre?
Wir haben ein Zeitwertkonto eingeführt, das die Mitarbeitenden in den unterschiedlichsten Lebenssituationen abholt: Rentennahe Jahrgänge sparen damit für eine frühzeitige Pensionierung oder Teilpensionierung, jüngere finanzieren damit ein Sabbatical. Fast drei Viertel unserer Mitarbeitenden nutzen es – diese Beteiligungsquote spricht für sich.
Was waren aus Ihrer Sicht die wichtigsten Erfolgsfaktoren?
Multiplikatoren: Wir haben den Betriebsrat in die Entwicklung des Vergütungssystems intensiv eingebunden. In kooperativen Verhandlungsterminen konnten wir sein Commitment als wichtiger Multiplikator gewinnen. Bristol Myers Squibb hat ausführliche Informationen zur Verfügung gestellt und so alle Kolleginnen und Kollegen im Betriebsrat vom neuen Paket – bAV und Zeitwertkonten – überzeugt.
Wahlmöglichkeiten: Mit einer marktgerechten arbeitgeberfinanzierten bAV mit der Option, eine Berufsunfähigkeitsabsicherung einzuschließen, legen wir die Basis. Darüber hinaus können die Mitarbeitenden im Rahmen von Deferred Compensation steuerlich günstig vorsorgen oder mit dem Zeitwertkonto ein Sabbatical und/oder den Vorruhestand planen.
Financial Wellbeing: Mit der passgenauen flexiblen Absicherung im Rücken können sich alle Mitarbeitenden auf ihre Arbeit fokussieren und den Geschäftserfolg als „One BMS“ in einem umkämpften Markt fördern. Deshalb haben wir viele Workshops angeboten, in denen den Mitarbeitenden nicht nur die neuen Benefits und die individuellen Wahlmöglichkeiten erläutert wurden, sondern im Sinne einer ganzheitlichen Financial Education auch alle weiteren wesentlichen Informationen, z.B. ein Grundverständnis für die gesetzliche Rente, vermittelt wurden. Dies hat die Wünsche der Mitarbeitenden sehr gut getroffen und wir werden diesen Ansatz weiterführen.
Was war die größte Herausforderung bei dem Projekt?
Die technische Integration war anspruchsvoll. Bristol Myers Squibb setzt auf ein weltweit einheitliches Portal, „People Services“, das nun alle länderspezifischen Neuerungen – also die Zeitwertkonten, die Anpassungen der bestehenden Systeme und den erweiterten Begünstigtenkreis – abbilden musste. Der technische Zeitplan war manchmal dem Stand der Verhandlungen mit dem Betriebsrat voraus. Mit einer stark verzahnten Zusammenarbeit und einem regelmäßigen Austausch konnte die rechtzeitige Einrichtung sichergestellt werden.
Zudem kam uns die Corona-Pandemie in die Quere. Online-Verhandlungen und Online-Workshops waren dabei das kleinere Problem. Bei so einem großen internationalen Projekt kommt es wesentlich darauf an, dass nicht nur die Projektverantwortlichen im Unternehmen und die externen Berater, sondern beispielsweise auch technische Provider über die wesentlichen Skills verfügen. Wenn dann Schlüsselpersonen Covid-bedingt länger ausfallen, fängt man wieder von vorne an. Um ein Beispiel zu nennen: Ohne ein Grundverständnis der spezifischen sozialversicherungsrechtlichen Gegebenheiten lässt sich eine HR-Plattform in den einzelnen Märkten nicht umsetzen. Wenn die Person beim Provider, die sich in dieses Thema eingearbeitet hat, dann nicht da ist, kostet das Zeit und Nerven.
Wenn Sie so ein großes Integrationsprojekt noch einmal begleiten würden, worauf würden Sie achten?
Ich würde wieder große Ziele setzen und dafür Hürden, Herausforderungen und Rückschläge in Kauf nehmen. Der Erfolg zeigt uns, dass sich das gelohnt hat. Ebenso wichtig ist eine umfassende, kooperative Kommunikation mit allen Beteiligten. Und ich würde darauf achten, dass in allen Ländern eine Koordinationsrolle intern besetzt ist. Denn egal wie gut die externe Unterstützung ist (WTW hat hier einen hervorragenden Job geleistet!), mit einer internen Koordinationsstelle lassen sich „die PS noch besser auf die Straße bringen“.
Herr Reinmann, vielen Dank für das Interview.