Das bereits 1995 in Kraft getretene Nachweisgesetz (NachwG) wird zur Umsetzung der sog. Arbeitsbedingungsrichtlinie (EU-Richtlinie 2019/1152 vom 20.6.2019) zum 1.8.2022 neu gefasst. Für die Praxis ergeben sich daraus auch Auswirkungen im Hinblick auf die betriebliche Altersversorgung (bAV) und Zeitwertkonten (ZWK). Dieser Beitrag gibt hierüber einen ersten Überblick.
Das Nachweisgesetz verpflichtet Arbeitgeber schon jetzt, die wesentlichen Vertragsbedingungen eines Arbeitsverhältnisses nachzuweisen, d. h.
Dies muss innerhalb bestimmter Fristen geschehen. Üblicherweise sind die wesentlichen Vertragsbedingungen in einem schriftlichen Arbeitsvertrag enthalten.
Schriftlich bedeutet strenge Schriftform nach § 126 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), d. h. erforderlich ist eine vom Arbeitgeber eigenhändig unterzeichnete Urkunde (d. h. in Papierform). Textform, elektronische Signatur oder elektronische Übermittlung der Urkunde reichen nicht aus.
Auch Änderungen von wesentlichen Arbeitsbedingungen, die nach Beginn des Arbeitsverhältnisses erfolgen, sind grundsätzlich schriftlich mitzuteilen.
Der Katalog des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 15 NachwG führt im Einzelnen auf, was der Arbeitgeber als wesentliche Vertragsbedingung jedenfalls schriftlich nachweisen muss. Dazu gehört nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 NachwG auch
„7. die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts, die getrennt anzugeben sind, und deren Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung“
Unter den Begriff des Arbeitsentgelts fallen nach herrschender Meinung auch Entgeltbestandteile, die aus betrieblicher Altersversorgung und Zeitwertkonten (Wertguthaben) resultieren.
In den Katalog neu eingefügt ist § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 13 NachwG:
„13. wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine betriebliche Altersversorgung über einen Versorgungsträger zusagt, der Name und die Anschrift dieses Versorgungsträgers; (…)“
Dies erfasst vom Arbeitgeber über externe Versorgungsträger erteilte Versorgungszusagen, es sei denn, dass der Versorgungsträger bereits zur Erteilung dieser Informationen an den Arbeitnehmer verpflichtet ist, z. B. nach Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG). Neue Nachweispflichten entstehen damit für Versorgungszusagen über Unterstützungskassen.
Das neugefasste Nachweisgesetz gilt uneingeschränkt für ab dem 1.8.2022 begründete Arbeitsverhältnisse.
Für Arbeitsverhältnisse, die vor dem 1.8.2022 bereits bestanden haben, besteht eine Nachweispflicht nur auf Verlangen des Arbeitnehmers.
Kein Handlungsbedarf des Arbeitgebers zur Erteilung des gesonderten schriftlichen Nachweises besteht in folgenden Konstellationen:
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) vertritt in seinem Schreiben vom 7.7.2022 an die aba die Ansicht, dass das Nachweisgesetz auf Betriebsrenten in der speziellen Form der Entgeltumwandlung nicht anwendbar ist. Trotz dieses für die Praxis erfreulichen Auslegungshinweises des für das Arbeitsrecht zuständigen Bundesministeriums besteht dadurch keine absolute Rechtssicherheit. Die maßgebliche Beantwortung der zu Grunde liegenden Rechtsfrage obliegt im Streitfall letztlich der Rechtsprechung.
Die Auffassung des BMAS ist bei systematischer Betrachtung grundsätzlich auch auf die Einbringung von Arbeitsentgelt in Zeitwertkonten und ähnliche Benefits, die Arbeitnehmer aus ihrem Arbeitsentgelt finanzieren, übertragbar.
Vor diesem Hintergrund müssen Unternehmen entscheiden, ob sie dieser praxisfreundlichen Ansicht des BMAS folgen oder einer engen Auslegung des Nachweisgesetzes den Vorzug geben und z. B. die über ein Online-Portal geschlossene nicht-schriftliche Entgeltumwandlungsvereinbarung ausdrucken, unterzeichnen und dem Mitarbeitenden aushändigen.
Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer die Niederschrift mit den Angaben zum Arbeitsentgelt spätestens am ersten Tag der Arbeitsleistung und die Niederschrift mit den Angaben zum Versorgungsträger der bAV spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses auszuhändigen.
Eine Änderung der wesentlichen Vertragsbedingungen ist dem Arbeitnehmer spätestens am Tag ihres Wirksamwerdens nachzuweisen.
Ein Verstoß gegen die Nachweispflicht nach Nachweisgesetz führt wie bisher nicht zur Unwirksamkeit arbeitsrechtlicher Vereinbarungen. Nach wie vor regelt das Nachweisgesetz nur die Form des Nachweises, nicht die Form der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen selbst.
Anders als nach der bisherigen Rechtslage kann ein Verstoß gegen die Neufassung des Nachweisgesetzes allerdings künftig als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße in Höhe von bis zu 2.000 Euro geahndet werden (§ 4 NachwG).
Praktisch werden damit Unternehmen dazu angehalten, die Vorschriften des Nachweisgesetzes sehr sorgfältig einzuhalten.
Die Fachdiskussion zu den Details ist derzeit allerdings noch nicht abgeschlossen. Verschiedene Detailfragen werden aktuell intensiv diskutiert und eine Klärung einzelner Fragen wird ggf. erst in der Zukunft durch die Rechtsprechung erfolgen. Dies kann ggf. ein Nachjustieren des eigenen Umsetzungskonzepts erforderlich machen. Die weitere Entwicklung der fachlichen Diskussion zum neugefassten Nachweisgesetz in seiner Auswirkung auf bAV, Zeitwertkonten und ähnliche Benefit-Systeme bleibt also zu beobachten.
Es empfiehlt sich, das Benefits-Angebot zu prüfen, um Nachweislücken zu vermeiden und den Administrationsaufwand einzugrenzen.