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Artikel | Benefits Perspectives

Ausschluss der Hinterbliebenenversorgung (BAG-Urteile)

BAG 2.12.2021 (3 AZR 254/21 und 3 AZR 212/21)

Von Dr. Felix Stern | 1. August 2022

Das BAG präzisiert die Anforderungen an den Ausschluss der Hinterbliebenenversorgung durch eine Mindestehedauerklausel bzw. Späteheklausel bei Eheschließung nach vorzeitigem Ausscheiden.
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Klauseln, die zur Risikobegrenzung des Arbeitgebers unter bestimmten Voraussetzungen einen Ausschluss der Hinterbliebenenversorgung (im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung – bAV) vorsehen, waren im jüngerer Zeit bereits häufiger Gegenstand von Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Das BAG hat seine Rechtsprechung zu diesem Themenkreis in zwei Entscheidungen weiterentwickelt.

Anforderungen an eine Mindestehedauerklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen

Entscheidender Streitpunkt im ersten Verfahren (3 AZR 254/21) war eine Regelung in einem Pensionsvertrag, nach der der Anspruch eines Ehegatten auf eine Hinterbliebenenrente ausgeschlossen ist, wenn die Ehe in den letzten zwölf Monaten vor dem Tod des (ehemaligen) Mitarbeiters geschlossen wurde und dieser nicht an den Folgen eines nach der Eheschließung erlittenen Unfalls oder einer nach der Eheschließung eingetretenen Krankheit gestorben ist.

Nach Ansicht des BAG enthält die Versorgungszusage Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), die am Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach §§ 305 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zu messen sind. Die vorgenannte Mindestehedauerklausel genügt diesen Anforderungen.

Eine unangemessene Benachteiligung ergebe sich nicht aus einer Unvereinbarkeit mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Insbesondere sei der Arbeitgeber nicht gehalten, sich den Regeln der gesetzlichen Sozialversicherung (vgl. § 46 Abs. 2a Sozialgesetzbuch VI – SGB VI) anzuschließen.

Eine unangemessene Benachteiligung ergebe sich auch nicht aus der im Rahmen von § 307 Abs. 1 S. 1 BGB durchzuführenden umfassenden Abwägung der betroffenen Interessen.

  • So erachtet das BAG die Jahresfrist und das Anknüpfen an das Datum der Eheschließung als angemessen.
  • Weiter bringe die Widerlegungsmöglichkeit die Interessen des ehemaligen Arbeitgebers und des Hinterbliebenen ausreichend zum Ausgleich, in dem sie jene Fälle erfasst, in der sich ein erhöhtes Todesfallrisiko erst im Jahr nach der Eheschließung zeigt.

Bestimmtheitsanforderungen an Späteheklauseln in Betriebsvereinbarungen

Im zweiten Verfahren (3 AZR 212/21) verweigerte die Beklagte der Witwe eines Versorgungsanwärters eine Hinterbliebenenrente, da das Ehepaar erst nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses geheiratet hatte und der Verstorbene während seiner Betriebszugehörigkeit noch mit einer anderen Frau verheiratet war. Die der Versorgungszusage zu Grunde liegende Betriebsvereinbarung schloss die zugesagte Hinterbliebenenrente für den Fall aus, dass die Ehe zum Todeszeitpunkt bereits geschieden sei, oder dass die Ehe erst nach dem Beginn des Altersrentenbezuges des ehemaligen Mitarbeiters geschlossen wurde.

Das BAG ist dem nicht gefolgt und hat einen Anspruch auf Witwenrente bejaht. Aufgrund des normativen Charakters von Betriebsvereinbarungen, sind diese nach denselben Grundsätzen auszulegen wie Tarifverträge und Gesetze. Dabei muss der Ausschluss von Ansprüchen hinreichend erkennbar und eindeutig beschrieben sein.

Demnach hätte es im vorliegenden Fall weiterer Regelungen bedurft, um den Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung bei Eheschließung erst nach dem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit der nötigen Bestimmtheit auszuschließen. Auch der vorgesehene Ausschluss der Hinterbliebenenversorgung für den Fall der Scheidung war nach dem BAG nicht in diesem Sinne auszulegen, da die Regelung keine Aussage darüber traf, ob der Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung durch eine neuerliche Eheschließung wieder aufleben solle oder nicht. Nachdem der Ausschluss der Hinterbliebenenversorgung bereits daran scheiterte, dass er durch die Regelungen der Betriebsvereinbarung nicht zweifelsfrei gedeckt war, unterließ das BAG eine weitere Prüfung der inhaltlichen Anforderungen eines solchen Ausschlusses.

Hinweise für die Praxis

Die erste Entscheidung beinhaltet eine Präzisierung der Anforderungen an zulässige Mindestehedauerklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Es bleiben jedoch auch Punkte, die noch nicht abschließend beantwortet sind, etwa

  • ob eine Mindestehedauer von mehr als einem Jahr oder
  • eine Klausel ohne Rückausnahme bei Unfall oder Krankheit unwirksam wäre.
  • Unklar ist auch, ob ggf. bei Betriebsvereinbarungen ein größerer Spielraum bestehen würde.

In Zweifelsfällen empfiehlt sich hier eine Prüfung der konkreten Klausel.

Die zweite Entscheidung fügt sich in die jüngere Rechtsprechung zu Spätehenklauseln ein. Demnach können Zusagen die Witwen- bzw. Witwerversorgung ausschließen, wenn die Ehe nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis, nach Erreichen der festen Altersgrenze oder nach Eintritt des Versorgungsfalls geschlossen wird. Dies entsprechenden Bestimmungen müssen jedoch eindeutig sein, was bei der Zusagegestaltung zu berücksichtigen ist.

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