Was sehen Sie heute als größte Herausforderungen für Unternehmen im Risikomanagement?
Olga Losing-Malota: Es ist definitiv viel schwieriger geworden, den richtigen Mix aus Prävention, Eigentragung von Risiken und Absicherung zu finden. Unternehmen brauchen dafür eine sehr individuelle Sicht auf ihre Risikosituation. Dazu benötigen Sie zunehmend Unterstützung bei der Analyse und Bewertung dieser.
Technologie ist ein wichtiger Punkt: Die datengetriebene Risikobewertung nimmt einen immer größeren Stellenwert ein. Woran liegt das?
Olga Losing-Malota: Wir stellen bei unseren Kunden einen Wandel fest: Früher schauten Risikomanager und Versicherungseinkäufer anders auf die Risiken als heute. Wir haben es heute viel häufiger mit Aktuaren zu tun, die eine systematische Herangehensweise zeigen. Sie wollen eine strategische Risikoanalyse und -quantifizierung. Diesen Bedarf treffen wir mit unserem Ansatz genau: Wir kombinieren die technische Analyse mit unserer Beratung und Platzierungserfahrung, unserem sogenannten Broking Knowhow – sehr umfassend also.
Moritz Enderle: Die Welt verändert sich rasant: Weltwirtschaft und Lieferketten bilden ein eng gesponnenes Netz – ein kleiner Riss hat Auswirkungen mit globaler Tragweite. Und durch die Digitalisierung entwickeln Unternehmen ein neues Bewusstsein im Umgang mit ihren eigenen Daten. Der Broker kommt also nicht umhin, sich diesen Veränderungen anzupassen und sich weiterzuentwickeln.
Wie genau sieht diese Weiterentwicklung aus?
Olga Losing-Malota: Die Rolle des Brokers verändert sich vom einfachen Makler hin zum strategischen Risikofinanzierungsberater. Nicht nur die vielschichtigen Risiken, auch der harte Versicherungsmarkt erschweren ja den traditionellen Risikotransfer über eine Versicherung. Diese Situation wird auch andauern.
Unternehmen fragen sich: „Was machen wir, wenn nicht ausreichend Kapazitäten zur Verfügung stehen? Welche Risiken können wir selbst tragen, wo brauchen wir eine Absicherung? Wie kommen wir weg von der reinen Versicherungslösung hin zu einem ganzheitlichen Ansatz?“ Hier setzen wir als Analytical Broker an, identifizieren die individuellen Risiken, bewerten ihre Eintrittswahrscheinlichkeit und potenzielle Schadenhöhen. Auf dieser Basis ermitteln wir eine maßgeschneiderte und bilanzfreundliche Lösung – alles mithilfe unserer umfassenden Datenpools und Analytical Tools.
Wodurch zeichnet sich der „Analytical Broker“ außerdem aus?
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Wir versetzen unsere Kunden in die Lage, auf Augenhöhe mit den Versicherern über Risikoeinschätzung und adäquate Prämie zu sprechen.”
Moritz Enderle
| Head of Risk & Analytics and Strategic Risk Consulting DACH
Moritz Enderle: Bei uns tauschen sich die Fachkollegen aus Risk and Analytics, die die Analysen durchführen, eng mit dem Bereich Broking aus: Dort werden die gewonnenen Erkenntnisse genutzt, um die passende Risiko und Versicherungsmanagementstrategie zu entwerfen. Damit verknüpfen wir die Theorie mit der Praxis. Gemeinsam mit unseren Broking-Kollegen versetzen wir unsere Kunden in die Lage, auf Augenhöhe mit den Versicherern über Risikoeinschätzung und adäquate Prämie zu sprechen.
Der Kunde hat keinen Vorteil, wenn die Analyse eine Absicherungsstrategie nahelegt, die sich am Markt gar nicht umsetzen lässt. Versicherungen sind auch bei Weitem nicht alles!
Warum sind Versicherungen nicht alles?Olga Losing-Malota: Weil es zu viele Risikothemen gibt, die sich extrem wandeln. Immer mehr Faktoren wirken zum Beispiel auf die Lieferketten ein – die Pandemie, der Krieg, und nachgelagert auch Risiken bei den Zulieferern und Abnehmern. Die Frage ist doch, ob man das alles antizipieren und immer weiter über Versicherungslösungen abdecken kann. Unsere Antwort lautet: Nein.
Unternehmen müssen entscheiden, welche Risiken sie selbst tragen können; und wie sie ihr Risikopotenzial durch Präventionsmaßnahmen möglichst geringhalten. Erst für diejenigen Risiken, die dann noch übrigbleiben, finden wir Kapazitäten am Markt – die dann auch ausreichend sind. Unsere Expertise beschränkt sich zudem nicht nur auf den deutschen Markt – wir greifen auf internationale Versicherungsmärkte durch unser Netzwerk zurück.
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Unsere Expertise beschränkt sich nicht nur auf den deutschen Markt – wir greifen auf internationale Versicherungsmärkte durch unser Netzwerk zurück.”
Olga Losing-Malota
| Head of Broking DACH
Was hat der Kunde von dem internationalen Netzwerk?Moritz Enderle: Auch Unternehmen, die ausschließlich Standorte in Deutschland haben, können von diesem internationalen Netzwerk profitieren. Denn ein Risikoprofil unterscheidet sich oft nicht von Organisationen, die in anderen Ländern ansässig sind. Gibt es Experten, die sich bereits mit einem ähnlichen Problem beschäftigt haben, macht es natürlich Sinn, sie in den Prozess mit einzubeziehen. Damit profitiert der Kunde von Erfahrungen aus verschiedenen Industriezweigen.
Olga Losing-Malota: Eine Platzierung von komplexen Risiken ausschließlich auf dem deutschen Markt ist heutzutage kaum vorstellbar. Der internationale Markt gewinnt so an Bedeutung, dass man ihn am besten mit einem internationalen Team bearbeitet.
Wie sollte ein Unternehmen also jetzt vorgehen, um ein fortschrittliches Risikomanagement zu etablieren?Olga Losing-Malota: Da haben wir leider keine Standard-Empfehlung! Niemand kommt zu uns, der nicht schon einen weiten Weg im Risk Management gegangen ist. Deshalb schauen wir immer punktgenau, wo ein Unternehmen Unterstützung benötigt – wir besprechen Ziele, Prioritäten und mögliche Schmerzpunkte.
Wichtig ist: Unsere Kunden erhalten bei uns alles aus einer Hand. Wir erheben die Daten und bereiten sie für Broker und Versicherer auf. Durch die enge Verzahnung von Analyse und Broking nutzen wir Synergien und gestalten Kosten sowie Prozesse effizienter.
Moritz Enderle: Wenn wir über strategische Risikofinanzierung sprechen, schreiben wir Transparenz groß! Daten und Tools sind den Kunden jederzeit zugänglich. Sie können eigene Berechnungen durchführen und durch die webbasierten Anwendungen beispielsweise selbstständig Naturgefahren analysieren. Es ist wichtig, dass unsere Kunden unsere Herangehensweise verstehen und künftig selbstständig ihre Risiken evaluieren können.
Welche Rolle spielt die technische Risikoanalyse bei den Versicherern?Olga Losing-Malota: Auch die Versicherer haben den Wert von Daten und ihrer Verwendung erkannt: Sie analysieren einzelne Kundenverbindungen und die Risiken der Unternehmen genau, bevor sie ein Angebot abgeben.
Moritz Enderle: Versicherer haben eine sehr ähnliche Herangehensweise und Methodik, allerdings mit einer eigenen Fragestellung. Während ein Versicherer versucht, über das gesamte Portfolio hinweg profitabel zu sein, gehen wir auf den einzelnen Kunden sehr genau und individuell ein. Wir befähigen Unternehmen, mit den Analyseergebnissen selbstbewusster in Verhandlungen gehen zu können und geben ihnen die nötigen Argumente an die Hand, um auch bessere Bedingungen durchzusetzen.
Welche Tools kommen bei der Analyse zum Einsatz?Moritz Enderle: Das wichtigste „Tool“ sind zuallererst unsere Mitarbeitenden, die an den Projekten arbeiten, offen diskutieren und die Bereitschaft haben, sich intensiv mit ihren Kunden zu beschäftigen. Des Weiteren sind es sowohl unsere eigenen WTW-Daten wie auch externe Daten, welche die Grundlage für eine tiefgehende Analyse bilden. Für die Analyse selbst stehen uns eine Vielzahl von Software-Lösungen für die Quantifizierung und Visualisierung der Risiken zur Verfügung – für fast jeden denkbaren Bereich.
Die am meisten angefragten Tools stammen aus den Sparten Sach-, Cyber- und D&O-Versicherung. Aber auch Klima und Lieferkettenrisiken beschäftigen die Unternehmen derzeit stark. Insbesondere das Thema Supply Chain wird bedingt durch das Lieferkettengesetz, das ab 2023 in Kraft tritt, noch mehr an Bedeutung gewinnen.
Wie helfen die Befunde den Kunden konkret weiter?
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Jeder Kunde erhält als Ergebnis unserer Analysen ein sehr detailliertes Bild über seine individuelle Risikolandschaft, inklusive Empfehlungen zur Risikofinanzierung.”
Moritz Enderle
| Head of Risk & Analytics and Strategic Risk Consulting DACH
Moritz Enderle: Das Ergebnis, das wir generieren, ist nicht standardisiert und dient immer einem anderen Zweck. Denn auch die Motivation der Unternehmen, eine Analyse durchzuführen, ist unterschiedlich. Manche führen beispielsweise eine Bewertung ihrer Klimarisiken für Marketing-Zwecke durch oder aber, weil ihre Bank dies fordert. Dementsprechend unterscheidet sich der Umfang der Analyse und damit die Ergebnisse und ihre Aussagekraft. Selbstverständlich ist jedoch, dass der Kunde nach einer Analyse ein sehr detailliertes Bild über seine Risikolandschaft von uns erhält, inklusive Empfehlungen zur Risikofinanzierung.
Olga Losing-Malota: Die Ergebnisse können zum einen dazu beitragen, zusätzliche Kapazitäten zu erhalten – auch am internationalen Markt. Zum anderen lässt sich feststellen, ob man diese Kapazitäten überhaupt noch benötigt. Oft wird der Versicherungsschutz aus der Vergangenheit gewohnheitsmäßig eingekauft. Unsere Herangehensweise hilft dabei, auch mutige Entscheidungen treffen zu können, wenn es zum Beispiel um Verzicht und Reduzierung des Versicherungsumfangs geht. Damit lassen sich zudem individuellere Deckungskonzepte erstellen. Doch eine reine Deckung über Versicherungen ist heute nicht mehr zeitgemäß – und auch nicht wirtschaftlich.