Nachdem im ersten Halbjahr 2021 eine gewisse Routine und Erfahrung in Bezug auf die Pandemie und die damit verbundenen Maßnahmen eingetreten waren, stabilisierte sich der Kreditversicherungsmarkt zunächst. RenewalVerhandlungen vereinfachten sich und der Risikoappetit der Versicherer stieg an.
Im weiteren Verlauf gewannen jedoch verschiedene Entwicklungen an Bedeutung. Hierzu zählen zum einen der immer präsenter werdende Klimawandel und die strukturellen Veränderungen und Maßnahmen, die mit ihm einhergingen: Unternehmen müssen innovativer werden und neue Produkte entwickeln, um sich der veränderten Nachfrage anzupassen. Aufgrund der damit verbundenen Kosten wird dies jedoch nicht allen gelingen. Zum anderen stand auch das Inflationsrisiko wieder im Raum – verursacht unter anderem durch gestiegene Energiepreise, allgemeine Rohstoffpreiserhöhungen und Probleme in den Lieferketten.
Nichtsdestotrotz fielen 2021 die Prognosen führender Wirtschaftsinstitute in Bezug auf das Wirtschaftswachstum, sowohl für Deutschland als auch international, sehr positiv aus. Die Weltwirtschaft schien sich schneller als zunächst erwartet zu erholen. Diese Prognosen und die stetig sinkenden Unternehmensinsolvenzen spiegelten sich auch im Verhalten – insbesondere der positiven Zeichnungsbereitschaft – der Kreditversicherer wider.
Die verheerenden Folgen aus dem Krieg und den verhängten Sanktionen beeinträchtigen die Wirtschaft weltweit. Eine verlässliche Prognose über die wirtschaftliche Entwicklung, die Anzahl an Unternehmensinsolvenzen und abhängig davon auch über die Schadenquoten der Kreditversicherer scheint gegenwärtig kaum möglich. Zu vielfältig und in der weiteren Entwicklung unvorhersehbar ist jede einzelne Krise für sich. Wird es zu einer weiteren Eskalation der UkraineKrise kommen? Wie entwickeln sich die Energiepreise? Setzt sich die Stagflation fort? Wie viele Sanktionsrunden wird es noch geben und wie sehen diese aus? Wird es eine Lösung für die zerbrochenen Lieferketten geben? Und zu guter Letzt, wie setzt sich die Pandemie fort, die bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt viel länger andauert als erwartet? Für jede dieser aufgeführten Krisenszenarien lassen sich unterschiedliche Prognosen mit jeweils unterschiedlichen ökonomischen Auswirkungen stellen.
Weil Prognosen nur schwer oder gar unmöglich abzugeben sind, stellen sich erneut eine hohe Verunsicherung und eine zunehmende Verhärtung des Kreditversicherungsmarktes ein. Die Anbieter wollen handlungsfähig bleiben, was wiederum zur Folge hat, dass sich mittelund langfristige Geschäfte schwieriger oder kaum eindecken lassen. Kurzfristige Geschäfte werden sehr genau geprüft, sind in der Regel aber noch gut zu versichern. Das weitere Verhalten der Kreditversicherer wird maßgeblich von der Insolvenzentwicklung beeinflusst. Je nach Risikostruktur ist mit großen Unterschieden bei den Deckungsmöglichkeiten zu rechnen. Tendenziell erwarten wir im weiteren Verlauf 2022 und für das Jahr 2023 steigende Prämien und eine sinkende Zeichnungsbereitschaft. Es empfiehlt sich, Deckungen möglichst frühzeitig abzuschließen.