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Survey-Report

Gender Pay Gap und Fair Pay in der Finanzbranche

Maßnahmen zur Förderung von Chancengleichheit und Überwindung von struktureller Ungleichheit sind notwendig.

15. Dezember 2022

Executive Compensation|Compensation Strategy & Design
Vergütung und Regulatorik im Financial Services Bereich

Eine Analyse des Gehaltsunterschieds zwischen Männern und Frauen in den über 150 Instituten, die an der WTW Financial Services Vergütungsstudie 2022 teilnehmen, zeigt dass das unbereinigte Gender Pay Gap 27 % und das bereinigte Gender Pay Gap 3,3 % betragen. Für die breite Industrie liegt das unbereinigte Lohngefälle mit 17,3 % um ca. 10 % darunter, das bereinigte Lohngefälle bewegt sich allerdings mit 3,7 % auf ähnlichem Niveau.

Bei dem bereinigten Gender Pay Gap werden regressionsbasierte Analysen vorgenommen, um vom unbereinigten Pay Gap zulässige (nicht geschlechtsspezifische) Differenzierungsgründe (erklärende Variablen) zu trennen, z.B. Arbeitsort, Leistung, Erfahrung. Demnach lässt sich ein Großteil des Gehaltsunterschieds erklären. 

Auf den ersten Blick sind die Geschlechterverhältnisse in den Finanzinstituten hingegen ausgeglichen, sie beschäftigen ungefähr ebenso viele Frauen wie Männer. Allerdings haben Frauen offenbar nur wenig Chancen, in das obere Management vorzustoßen. Frauen arbeiten häufiger in Rollen, die auf einem niedrigeren Karrierelevel und somit WTW Global Grade eingewertet sind und folglich geringer vergütet werden, beispielsweise im Kundendienst, in den Callcentern oder auf Sachbearbeiter Ebene. Dies deutet auf ein strukturelles Ungleichgewicht hin. Weiter arbeiten Frauen häufiger in Teilzeit und erreichen seltener Führungspositionen. In Funktionen ab der mittleren Führungsebene und höher (beispielsweise ab einer Abteilungsleiterfunktion), stehen laut der WTW Financial Services Vergütungsstudie 2022 ca. 80 % Männern rund 20 % Frauen gegenüber. 

Des Weiteren variiert das Gender Pay Gap stark über die unterschiedlichen Job Familien hinweg. Das unbereinigte bzw. bereinigte Gender Pay Gap liegt bspw. im Asset Management bei über 35 % bzw. bei ca. 10 %, im Retail Banking hingegen bei knapp über 15 % bzw. unter 2.5 %. Die unterschiedlichen Geschäftsbereiche sind demnach unterschiedlich stark betroffen, was unter anderem am dahinterliegenden Organisationsaufbau liegen kann. 

Um dem Gender Pay Gap entgegen wirken zu können, sind nicht nur Maßnahmen für eine gleiche Bezahlung („Equal Pay“) notwendig, sondern vielmehr auch Maßnahmen um das Thema Chancengleichheit („Fair Pay“) zu fördern. Konkret heißt dies, dass die Geschlechterverteilung nicht nur im Gesamtunternehmen, sondern auch auf allen Hierarchieebenen ausgewogener werden muss. Unternehmen benötigen hierfür HR-Prozesse, die sicherstellen, dass Fair Pay umgesetzt werden kann – von der Stellenausschreibung und dem Einstellungsprozess über Beförderungen und Weiterqualifizierungsmaßnahmen, kurz: in fast allen Phasen des Employee Life Cycles. Das Thema Vergütung ist somit nur eine Dimension, die auf das Thema Fair Pay einzahlt. 

Darüber hinaus gibt es zwei wesentliche Einflussfaktoren, die das Thema Fair Pay aktuell von außen treiben. Zum einen sind das die regulatorischen Vorgaben, zum anderen die Erwartungen der Öffentlichkeit. 

Beispielsweise fordert die aktuelle Fassung der Institutsvergütungsverordnung (InstitutsVergV) von September 2021, dass Vergütungspolitik geschlechtsneutral umgesetzt werden muss, genauer: dass eine angemessene Ausgestaltung der Vergütungssysteme eine Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts ausschließen muss (§ 5 Abs. 1 Nr. 6 InstitutsVergV). Zudem zeichnet sich bereits ab, dass künftig branchenübergreifend noch viel konkretere und deutlich höhere Anforderungen gelten werden. So fordert die Europäische Kommission im Entwurf der neuen Direktive „EU Pay Transparency“ auf, einen fairen Umgang mit Vergütung und Chancengleichheit herzustellen. Die Mitgliedsstaaten werden nach Inkrafttreten der Direktive zwei Jahre Zeit haben, diese in ihre nationale Gesetzgebung zu integrieren. Neben den gesetzlichen und regulatorischen Anforderungen ändert sich zunehmend auch die Erwartungshaltung der Öffentlichkeit. So schauen beispielsweise auch Investoren genauer auf das Thema Fair Pay. 

Was also sollten Finanzinstitute jetzt tun?

Zunächst gilt es, Transparenz zu schaffen, die Ist-Situation genau zu analysieren und klare Ziele zu definieren. In vielen Unternehmen dürften auch systemseitige und prozessuale Anpassungen notwendig sein, etwa in der Job-Architektur, der Karrierelandschaft oder im Einstellungs- bzw. Beförderungsprozess.

Es gilt also, einen in einigen Instituten tiefgreifenden Wandel zu initiieren – und mit Blick auf den Umfang der Anpassungserfordernisse und den Zeithorizont bis zur Implementierung der EU-Direktive gilt: besser jetzt als gleich.

 

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