Die Vergütungsplanung der Finanzdienstleistungsindustrie in Deutschland findet sich in einer ungewohnten Dynamik zwischen Inflation, globalen Krisen, Digitalisierung und Talentknappheit wieder. Die Inflation in Deutschland liegt laut statistischem Bundesamt im November 2022 bei 10 %. Gleichzeitig geben über 90 % der Finanzdienstleister an, Schwierigkeiten bei der Gewinnung bestimmter Talente zu haben und die Fluktuationsraten in dieser Branche erreichen laut „WTW Salary Budget Planning Report“ im Dezember 2022 (SBP) einen Anstieg auf 8,9 % (gegenüber 7,2 % im Vorjahr).
In diesem Spannungsfeld steigen die erwarteten Gehaltsanpassungen in der Branche laut unserem SBP im Median auf 4 % (Vorjahr 3 %), in der Versicherungsbranche gar auf 5 %.
Branchenübergreifend geben über 50 % der teilnehmenden Organisationen an, dass Gehaltsanpassungsbudget sei höher als initial geplant. Dabei ändert sich die Zusammensetzung der Einflussfaktoren auf die Budgetentscheidung grundlegend. Drei der vier meistgenannten Einflussfaktoren 2023 haben es 2022 gar nicht in die Aufstellung geschafft.
Meistgenannter Faktor ist der Inflationsdruck (86,6 %, im Vorjahr nicht vorhanden), gefolgt von Bedenken bezüglich des angespannten Arbeitsmarkts (47,2 %, im Vorjahr 61,9 %) und Retention-Überlegungen (36,8 %, im Vorjahr noch nicht unter den genannten Faktoren). Die Erwartung von Mitarbeitenden ist im Vorjahr ebenfalls kein zentraler Faktor gewesen und wird in dem aktuellen SBP (Dezember 2022) von 33,2 % der teilnehmenden Organisationen genannt. Wichtige Einflussfaktoren aus dem Vorjahr, die für 2023 ein geringeres Gewicht einnehmen, sind die Themen Kosteneffizienz und Erwartung stärkerer Geschäftsergebnisse.
Neben steigenden Gehaltsanpassungsbudgets setzen viele Organisationen einen stärkeren Fokus auf Nebenleistungen und nicht-monetäre Elemente. Flexible Arbeit und Arbeitsumgebung sowie Weiterbildungsmöglichkeiten sind sowohl aus Arbeitgeber- als auch aus Arbeitnehmersicht zentrale Faktoren. Darüber hinaus wird Arbeitsplatzsicherheit durch die disruptiven Ereignisse der jüngeren Vergangenheit zu einem zentralen Baustein aus der Arbeitnehmerperspektive. Ein klares Verständnis der Präferenzen der Belegschaft ist unabdingbar, um die adaptierenden Erwartungen zu erfüllen und den Kampf um Talente zu gewinnen.