CEO Pay Ratio kommt durch die Hintertür der Nachhaltigkeitsberichterstattung
23. Februar 2023
Die Richtlinien zur Nachhaltigkeitsberichterstattung sind ab Anfang 2023 in Kraft getreten. Alle betroffenen Unternehmen müssen ab 2025 gemäß der ESRS über Nachhaltigkeitsaspekte berichten. Die Entwürfe der Standards wurden Ende 2022 finalisiert und der Europäischen Kommission vorgelegt.
Executive Compensation
N/A
Anfang 2023 sind die Richtlinien zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) in Kraft getreten auf deren Basis Unternehmen im Laufe von 2025 über das Finanzjahr 2024 gemäß der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) über Nachhaltigkeitsaspekte berichten müssen. Davon betroffen sind alle in einem EU-reguliertem Markt notierten Unternehmen sowie nicht börsennotierte Unternehmen, die bestimmte Größenkriterien überschreiten.
Die Entwürfe der Standards wurden seitens der EFRAG Ende November 2022 finalisiert und der Europäischen Kommission zur Konsultation vorgelegt. Das Hauptaugenmerk richtet sich auf prozessuale und governancebezogene Aspekte und die damit einhergehende Verantwortung des Aufsichtsrats und des Vorstands. Zwei Offenlegungsanforderungen fokussieren explizit auf die Vorstandsvergütung:
01
Informationen zur Integration von nachhaltigkeitsbezogenen Kriterien/Zielen in den variablen Vergütungssystemen (ESRS 2 GOV-3)
02
Verhältnis zwischen der jährlichen Gesamtvergütung der höchstbezahlten Person und dem Median der jährlichen Gesamtvergütung aller Beschäftigten (ESRS S1-16)
Ein Mehr an Offenlegung mit Blick auf ESG-Kriterien in der Vorstandsvergütung ist nicht erforderlich
Ziel der Offenlegung gemäß „ESRS 2 General Disclosures GOV-3 Nummer 25 bis 27“ ist es, ein Verständnis zu schaffen, ob die variablen Vergütungssysteme des Vorstands an Nachhaltigkeitskriterien geknüpft sind und wenn ja, wie dies im Detail erfolgt. Da die rechtlichen Anforderungen hierzu bereits im Aktiengesetz zur Beschreibung des Vergütungssystems (§ 87a AktG) respektive der Offenlegung des Vergütungsberichts (§ 162 AktG) verankert sind, ergeben sich über diese Offenlegung hinaus keine weiteren Verpflichtungen aus dem ESRS-Entwurf. Stärker davon betroffen sind aber nicht-börsennotierte Unternehmen, die bislang keinen Vergütungsbericht nach aktienrechtlichen Anforderungen erstellen, aber aufgrund der Größenkriterien unter die Anforderungen des Entwurfs der ESRS fallen.
ESRS macht amtlich, was in etablierten Reporting-Standards bereits gefordert wird
Nach dem aktuellen Entwurf müssen Unternehmen das Verhältnis zwischen der jährlichen Gesamtvergütung der höchstbezahlten Person und dem Median der jährlichen Gesamtvergütung aller Beschäftigten (ohne die höchstbezahlte Person) offenlegen. Ergänzend sind Informationen, die zum Verständnis der Daten und der Methodik ihrer Zusammenstellung erforderlich sind, darzustellen. In den Anwendungsanforderungen wird darüber hinaus die Berechnungsgrundlage des Verhältnisses näher spezifiziert:
es sind „alle Mitarbeitende“ einzubeziehen
in Anhängigkeit der Vergütungsausgestaltung im jeweiligen Unternehmen, sind die folgenden Gehaltsbestandteile zu berücksichtigen:
Grundvergütung im Sinne der Summe aller garantierten, kurzfristigen, nicht variablen Gehaltsbestandteile
Gesamtbarvergütung als Summe aus Grundvergütung, Cash Allowances, Boni, Gewinnbeteiligungen und anderen Arten in bar vergüteter variabler Vergütungselemente
Gesamtdirektvergütung als Summe aus Gesamtbarvergütung, dem beizulegenden Zeitwert aller jährlichen Long-Term Incentives (z.B. Aktienoptionen/Wertsteigerungsrechten, Restricted Shares/Share Units, Performance Shares/Share Units, Long-Term Cash-Plänen)
Zwar werden vergleichbare Anforderungen bereits von einigen Reporting-Standards wie beispielsweise der Global Reporting Initiative (GRI) gefordert, aber die Unternehmen können von der Offenlegung unter Nennung relevanter Gründe absehen.
Welche Implikationen hat dies für Unternehmen in Deutschland?
Für börsennotierte Unternehmen, die gemäß der Anforderungen des § 162 (1) AktG die vergleichende Darstellung der jährlichen Veränderung der Vergütung der Vorstandsmitglieder und der durchschnittlichen Vergütung von Arbeitnehmern im Vergütungsbericht darstellen, hält sich der zusätzliche Kommunikations- und Administrationsaufwand in Grenzen. Allerdings gilt dies unter gewissen Umständen nur eingeschränkt:
Zurzeit weisen viele Unternehmen in der vergleichenden Darstellung „nur“ die prozentuale und/oder absolute Veränderung (ca. 1/3 der DAX- und die Hälfte der MDAX-Unternehmen) aus. Auf dieser Basis kann ein interessierter Leser allerdings keine Rückschlüsse auf das Vergütungsverhältnis schließen. In diesen Fällen ist also zumindest ein erhöhter Kommunikationsaufwand erforderlich.
Des Weiteren geht die vergleichende Darstellung auf die durchschnittliche Vergütung der Arbeitnehmer ein, während der aktuelle Entwurf der Standards auf die Median-Vergütung eingeht. Je nach Datenlage kann dies zu unterschiedlichen Aussagen führen und damit wiederum mit einem erhöhten Kommunikationsaufwand einhergehen.
Eine weitere Herausforderung stellt sich in Organisationen, in denen die höchstbezahlte Person nicht der CEO ist. Dies würde eine Offenlegung erfordern, die gegebenenfalls anonymisiert aber nichtsdestotrotz aus Wettbewerbsgründen nicht einfach möglich sein wird.
Für nicht-börsennotierte Unternehmen, die keinen Vergütungsbericht nach § 162 AktG erstellen müssen, die aber aufgrund des Erreichens der Größenkriterien den Offenlegungspflichten des ESRS nachkommen müssen, ergibt sich ein deutlicher zusätzlicher Aufwand, da sie bislang gegebenenfalls noch nicht mal die Vorstandsvergütung individualisiert veröffentlichen.
Nur in sehr wenigen europäischen Ländern ist die Veröffentlichung eines CEO Pay Ratio aufgrund entsprechender gesetzlicher Regelungen oder Anforderungen des Corporate Governance Kodex erforderlich, darunter Belgien, Frankreich, Niederlande und UK. Teils weichen die zugrundeliegenden länderspezifischen Definitionen aber von der des ESRS-Entwurfs ab, so dass selbst in Unternehmen dieser Länder unter Umständen nachgelegt werden muss.