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Artikel | Risk Perspectives

Risiko Rezession: In Szenarien denken

2. März 2023

Ob die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr mit einer harten Rezession rechnen muss, ist noch nicht ausgemacht. Aber es gehört zu den Lehren aus Pandemie und Krieg, dass sie sich auf Großentwicklungen wie diese besser vorbereiten muss – und kann.
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Wirtschafts- und Zinsentwicklung sind auch für 2023 nur schwer vorhersehbar – zu unsicher sind die zahlreichen Einflussfaktoren, allen voran die Geschehnisse in der Ukraine und eine mögliche weitere Eskalation. Auch die weitere Entwicklung der mit dem Konflikt verknüpften Energiekrise und die sich daraus ergebenden Reaktionen der deutschen und europäischen Politik sind uns heute noch nicht bekannt. Aber sie werden darüber entscheiden, wie sich das Inflationsgeschehen weiterentwickelt.

Inflation, Rezession – oder Stagflation?

Die Inflationsraten der vergangenen Jahre, die seit Februar letzten Jahres sprunghaft angestiegen sind, haben sich bereits vielfach auf die Versicherungsprämien ausgewirkt. So führten die Preissteigerungen bei Rohstoffen und Löhnen auch zu einer Verteuerung von Gebäuden und Anlagen; Materialmangel verzögert und verteuert die Reparatur von Schäden, und gestörte Lieferketten ziehen Betriebsunterbrechungen in die Länge.

All dies führte 2022 zu Prämienerhöhungen – ein mögliches Anhalten der Inflation wird diesen Trend weiter verschärfen. Laut der führenden deutschen Wirtschaftsinstitute ist die Spitze des Inflationsgeschehens Anfang 2023 noch nicht erreicht. Einige Experten prognostizieren sogar eine Stagflation, bei der das Wachstum stagniert und die Preise hoch bleiben. Gleich welcher Art, wird es im laufenden Jahr höchstwahrscheinlich zu einem Konjunkturrückgang kommen.

Eine Rezession träfe Unternehmen, Versicherer und Rückversicherer gleichermaßen. In der Industrieversicherung sind insbesondere die umsatzabhängigen Versicherungspolicen wie eine Haftpflicht-, Transport oder die Financial-Lines-Versicherungen von einer Konjunkturabschwächung unmittelbar betroffen. Wenn der Umsatz rückläufig ist, verringert sich auch die Prämienberechnungsgrundlage und folglich ergibt sich eine Prämienreduzierung. Zugleich besteht gerade hier aber die Gefahr, dass sich Schäden häufen – bedingt durch die schlechte wirtschaftliche Entwicklung. Auch der Bedarf an Kapazitäten könnte im Zuge einer Rezession wieder sinken.

Wie wird der Versicherungsmarkt auf das Rezessionsrisiko und die Ungewissheit über die Mischung aus Wachstum und Inflation reagieren? Ist mit einer weichen Marktphase zu rechnen? Im Nebel fährt es sich am besten „auf Sicht“ – übersetzt könnte dies heißen: Nachdem nun nach einigen Jahren die Anbieter in vielen Versicherungssparten das Prämienniveau durch entsprechende Maßnahmen erhöhten, sollte mit einer Rezession ein automatisches Absinken des Prämienniveaus nicht zu rechnen sein. Hier wird der Versicherungsmarkt, auch aufgrund der eigenen gestiegenen Kosten, Gegenarbeiten, um ein gewisses Prämienniveau zu halten. Dabei sind zunehmend die Vereinbarung von Mindestprämien oder auch eine Anpassung der Prämiensätze denkbar, um sich gegen den Prämieneinbruch abzusichern und aus Sicht der Versicherer profitabel zu bleiben.

Vorausschauend handeln

Ein gutes Risiko- und Versicherungsmanagement baut nicht nur auf einzelnen Annahmen auf. Es blickt nicht zurück, sondern antizipiert zukünftige Entwicklungen so gut und so detailliert wie möglich. Risikomanager haben die Aufgabe, verschiedene Szenarien einer wirtschaftlichen Entwicklung vorauszusehen und diese für das eigene Unternehmen durchzuspielen. Dabei hilft WTW als strategischer Risikoberater, denn wir nutzen Daten und entsprechende IT-Anwendungen, um individuelle Risiken zu quantifizieren. So können Unternehmen diverse Szenarien und deren Folgen in Zahlen abschätzen und haben fundierte Entscheidungsgrundlagen an der Hand.

Unternehmen werden ihren Versicherungsschutz und vereinbarte Deckungssummen sowie Entschädigungsgrenzen kontinuierlich an die aktuelle Lage der Inflation oder gar Rezession anpassen müssen. Dies bedeutet aber nicht, auf Qualität zu verzichten – einige Deckungserweiterungen oder Versicherungslösungen haben sich über viele Jahre aufgebaut. Neben dem Versicherungsschutz für schwerste Risiken bleiben aber der alternative Risikotransfer und die Prävention unverändert wichtig. An dieser Stelle sollten Unternehmen nicht sparen, sondern weiterhin Vorsorge treffen. Ungeachtet der Marktlage erwarten dies auch die Versicherer: Ausreichender Versicherungsschutz ist nur möglich, wenn ein bestimmter Umfang an Präventivmaßnahmen zugrunde liegt, insbesondere in der Cyber- und Sachversicherung wird dies immer wieder deutlich.

 

Der Blick zurück nützt wenig

Vorausschauendes Handeln bildet den Kern des heutigen Risikomanagements. Als Wirtschaftsgemeinschaft haben wir sicherlich eines aus den Krisen der vergangenen Jahre gelernt: Wir haben nur selten – politisch oder wirtschaftlich – den Worst Case ernsthaft angenommen und dessen Folgen ausreichend durchdacht. Nach Corona-Pandemie, Kriegsbeginn in Europa und Inflation wissen wir: Unternehmen müssen und können neu aufkommende Risiken stärker antizipieren und Vorkehrungen treffen. In der neuen komplexen Risikolandschaft geht es nicht nur um den traditionellen Risikotransfer mittels Versicherungen.


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MarktSpot 2023 – Ausblick PDF 3 MB
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