Wie gehen globale Unternehmen mit heutigen politischen Risiken um?
„Geringe Häufigkeit, hoher Schweregrad" – so beschreibt ein Versicherungsmakler typischerweise ein politisches Risiko. Es ist – wie auch bei vielen Arten von Naturkatastrophen – ein Katastrophenrisiko. Das bedeutet: Politische Risiken treten selten auf, haben aber meist verheerende Auswirkungen. Sie zu modellieren, gestaltet sich daher schwierig.
Die Annahme, dass politische Risiken selten auftreten, werden wir jedoch überdenken müssen: Neun von zehn Unternehmen haben 2022 einen Schaden durch politische Risiken erlitten – vor drei Jahren waren es nur 35 Prozent. Damit hat sich das seltene – aber schwerwiegende – politische Risiko zu einem „Risiko für Jedermann“ entwickelt.
Titel | Dateityp | Dateigröße |
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2023 Political Risk Survey Report | 2.4 MB |
Der eskalierende Konflikt in der Ukraine hatte nicht nur humanitäre Folgen, sondern auch "verheerende" Auswirkungen auf das Geschäft, so ein europäischer Teilnehmer der von uns befragten Führungskräfte aus der Wirtschaft. Ein Befragter aus einem US-Technologieunternehmen sprach von einem Verlust von fast 1 Milliarde Dollar, weil man alle Aktivitäten in Russland und Weißrussland eingestellt hat.
Die Auswirkungen der geopolitischen Turbulenzen variieren je nach Region: Während in Westeuropa 86 Prozent der Befragten finanzielle Schäden verzeichneten, traf dies lediglich auf 33 Prozent der nordamerikanischen Unternehmen zu.
Unabhängig von den finanziellen Folgen hat der Schock über einen europäischen Krieg einen "Paradigmenwechsel" ausgelöst, so ein Studienteilnehmer. „Wirtschaft und Politik haben in zwei verschiedenen Realitäten gelebt“, sagt ein leitender Angestellter aus dem Automobilsektor. „Die Ereignisse des vergangenen Jahres haben die Realitäten nun angeglichen.“
100 Prozent optimieren ihr Risikomanagement Organisationen haben den Handlungsbedarf erkannt. 100 Prozent der von uns befragten Unternehmen haben ihr politisches Risikomanagement seit Februar 2022 zumindest teilweise verbessert. 68 Prozent kaufen jetzt eine Versicherung gegen politische Risiken ein, im Vergleich zu nur 25 Prozent in 2019. Der Wert hat sich damit fast verdreifacht. Nach der Eskalation des Konflikts "befinden wir uns in einem neuen Investitionsklima", sagt ein Panelteilnehmer aus dem Öl- und Gassektor. „Nun versuchen wir, mit dieser Veränderung zurechtzukommen."
Die Unternehmen berichteten, dass sich diese geopolitischen Spaltungen auch in ihren internen Abläufen widerspiegeln. „Die De-Globalisierung, die in gewissem Maße durch den Krieg beschleunigt wurde, hat dazu geführt, dass wir alles entkoppeln mussten oder gerade dabei sind. Das betrifft unter anderem die Art und Weise, wie wir uns als Unternehmen organisieren und auch, wie wir produzieren“, erklärt ein Diskussionsteilnehmer aus dem Industriesektor.
Jedes Jahr befragen wir zum Abschluss dieser Studie unser Wirtschaftspanel nach den größten Risiken für das kommende Jahr. Dieses Mal führten die Komplikationen durch den Ukraine-Konflikt die Liste an, gefolgt von der Abkopplung von China. Auf dem dritten Platz landete überraschenderweise die Europäische Union. Grund dafür ist nicht nur die Energiekrise, sondern auch die vielen neuen Regularien für Unternehmen in Bereichen wie Technologie, Daten, Lieferketten und Klima, die für Unsicherheiten sorgen.
Wir hoffen, dass Ihnen diese 6. Ausgabe unseres Political Risk Survey gefällt und dass Sie interessante Erkenntnisse aus den Beiträgen unserer Analysten gewinnen können.