WTW Risk Summit 2023
Im Mittelpunkt des Risk Summits stand auch das Thema ESG. Weshalb ist es aus Ihrer Sicht für Ihre Kunden so wichtig.
Monika Behrens: Weil es mit vielen Risiken, aber auch Chancen verbunden ist. Unternehmen, die den regulatorischen und juristischen Anforderungen nicht entsprechen, riskieren etwa markante Bußgelder. Und ergeben sich zum Beispiel aus einem klimaschädlichen Verhalten Schäden und Verluste für Dritte, drohen den Unternehmen Klagen vor Gericht. Mit allem gehen auch Reputationsverluste einher. Zudem entsteht für die Manager ein Haftungsrisiko, wenn sie ihre Pflichten verletzt haben.
Sie haben auch Chancen genannt.
Monika Behrens: Wer seine ESG-Risiken kennt, kann sich danach richten. Daten zu Klimarisiken können etwa in das operative und strategische Risikomanagement übernommen werden, um bestehende Gebäude vor schädlichen Wetterereignissen zu schützen, neue Standorte mit Blick auf Klimarisiken zu planen oder bei der Wahl geeigneter Lieferanten deren Klimarisiken zu berücksichtigen. Insgesamt helfen gute und auch gut kommunizierte ESG-Scores, Kunden, Geschäftspartner, Investoren und Mitarbeitende zu gewinnen und zu binden. Das Thema ESG wird so zu einem echten Wettbewerbsvorteil.
Die Frage, wie gut Unternehmen mit dem Thema ESG umgehen, hat auch die Versicherer auf den Plan gerufen.
Monika Behrens: Die Versicherer wollen natürlich einschätzen können, welche Risiken sie sich ins Haus holen. Die meisten haben mittlerweile hohe Anforderungen an die ESG-Konformität ihres Kundenportfolios, auch aufgrund regulatorischer Anforderungen . Ihr Informationsbedarf im Underwriting-Prozess nimmt entsprechend zu. Unternehmen fürchten deshalb, wie beispielsweise in Sachen Cyber-Versicherungen, üppige Fragebögen und Deckungseinschränkungen.
Sind die Unternehmen darauf überhaupt vorbereitet?
“Zwar gibt die Mehrheit der Risikomanager an, dass ihr Unternehmen ESG-Ziele hat; allerdings haben nur 17 Prozent dokumentierte Ziele mit klaren Meilensteinen in Bezug auf ihre ESG-Risiken.”
Monika Behrens | Head of Client Management D-A-CH, Corporate Risk & Broking
Monika Behrens: Viele unserer Kunden sehen ja rund um Klimarisiken ihren größten Handlungsbedarf. Hilfreich ist dabei zum Beispiel unsere digitale Applikation Climate Quantified. Damit lassen sich physische Risiken, aber auch Übergangsrisiken auf dem Weg in eine dekarbonisierte Wirtschaft im Rahmen verschiedener Klimaszenarien quantifizieren und greifbar machen. Das Tool eignet sich auch für mittelständische Unternehmen; die Anwendung ist intuitiv und pragmatisch. Von der UN wurde Climate Quantified übrigens im Rahmen eines umfassenden Anbietervergleiches hervorragend bewertet.
Apropos Übergangsrisiken: Wie verhalten sich hier die Versicherer?
Monika Behrens: Leider noch sehr zurückhaltend. Um in Zukunft möglichst CO2-arm oder sogar CO2-frei zu wirtschaften, müssen Unternehmen auch neue Technologien nutzen. Den Versicherern fehlen dazu jedoch die Erfahrungsdaten, um die jeweiligen Risiken einschätzen zu können. Sie gewähren deshalb hier oft keinen Versicherungsschutz.
Und wie sind Sie selbst beim Thema ESG bzw. Klimaschutz aktiv?
Monika Behrens: Wir engagieren uns an unterschiedlichen Stellen. So leiten wir etwa die Gruppe Underwriting und Produktinnovation im German Sustainability Network, um unsere ESG-Expertise in die Gestaltung des Versicherungsmarkts einbringen zu können. Zudem haben Mitarbeitende von WTW ein Klimanetzwerk gegründet; hier geht es um die Frage, wie WTW klimaneutral werden kann. Das Thema Klima ist uns nicht nur als Berater wichtig, wir sehen hier auch unsere Verantwortung als Organisation und handeln danach.