Im April 2023 hat der Europarat eine neue EU-Richtlinie zur Entgelttransparenz beschlossen, welche Arbeitnehmenden neue Informationsrechte bietet mit dem Ziel, gleiches Entgelt für gleiche/ gleichwertige Arbeit zu gewährleisten. Mit der neuen Richtlinie sind auch die Arbeitgeber stärker in der Pflicht zu handeln, müssen sie doch bei nicht erklärbaren Gehaltsunterschieden zwischen den Geschlechtern von mehr als fünf Prozent Abhilfemaßnahmen einleiten, um die Lücke zu schließen. Dabei versteht sich Gehalt hier im weiteren Sinne, einschließlich der variablen und zusätzlichen Gehaltsbestandteile.
Grund genug, um auch auf die betriebliche Altersversorgung zu schauen. Hier trägt das Thema den Namen „Gender Pension Gap“. Damit ist das geschlechtsspezifische Gefälle bei den Alterseinkünften gemeint. Eine Studie von WTW in Zusammenarbeit mit dem Weltwirtschaftsforum zeigt, dass Frauen weltweit im Durchschnitt mit nur 74 Prozent des Vermögens ihrer männlichen Kollegen in den Ruhestand treten (WTW Global Gender Wealth Equity Report 2022).
Bei steigendem Hierarchielevel nehmen die Unterschiede sogar noch zu. Für Deutschland beziffert das Statistische Bundesamt die Rentenlücke mit knapp 30 Prozent (siehe Pressemitteilung Nr. N 015 vom 7. März 2023). Darunter versteht man, dass die Alterseinkünfte von Frauen durchschnittlich knapp ein Drittel niedriger als die von Männern sind. Ohne abgeleitete Alterseinkünfte (z.B. Hinterbliebenenrente) liegt der Wert sogar bei über 40 Prozent.
Die Gründe für diesen Unterschied sind vielfältig und entsprechen in Teilen denen des „Gender Pay Gap“.
Aufgrund der Ausrichtung des Alterssicherungssystems auf (abhängige) Erwerbstätigkeit münden weibliche Erwerbsbiografien damit häufig in relativ niedrigen eigenständigen Alterssicherungseinkommen. Einkommensdifferenzen von Frauen und Männern summieren sich im Lebensverlauf auf, denn die nach Rentenbeginn bezogenen Alterssicherungseinkommen bilden das Erwerbseinkommen während der gesamten Erwerbsphase ab. Dies trifft auf die gesetzliche Rentenversicherung ebenso zu, wie in der Regel auf die betriebliche oder private Altersvorsorge.
Neben der Analyse der Gründe beschäftigt WTW die Frage, wie dem „Gender Pension Gap“ begegnet werden kann. Zum einen ist es eine wichtige Grundvoraussetzung, im Sinne einer „Financial Education“ Transparenz gegenüber den betroffenen Gruppen herzustellen, um auf das Thema aufmerksam zu machen und das Bewusstsein dafür zu schärfen. Daran anschließend muss dann auch die Frage beantwortet werden, welche konkreten Abhilfemaßnahmen Arbeitgeber umsetzen können, um den „Gender Pension Gap“ zu reduzieren.
Im ersten Schritt sollten bestehende Pensionszusagen überprüft und im nächsten Schritt ggf. angepasst werden. Die Möglichkeiten der Anpassung sind vielfältig:
Warum sollten sich Arbeitgeber mit dieser Fragestellung beschäftigen? Maßnahmen, um den Gender Pay Gap und den Gender Pension Gap zu reduzieren, dienen letztendlich dazu, die Zufriedenheit der Mitarbeitenden und somit die Mitarbeitendenbindung spürbar zu erhöhen. In Zeiten des Fachkräftemangels ist es für den Geschäftserfolg von erheblicher Bedeutung, wenn bestehende Mitarbeitende ihren Beschäftigungsgrad erhöhen. Dies ist in der Regel deutlich effizienter als neue Mitarbeitende zu rekrutieren.
Zudem steigt die Zufriedenheit, wenn Unternehmen den Blick auf das Thema Financial Education lenken und damit Mitarbeitenden Unterstützung bei finanziellen Fragestellungen auch über das Arbeitsleben hinaus geboten wird. Somit ergibt sich ein klarer Nutzen auf Mitarbeitenden- und Unternehmensseite.