Am 24. Oktober hat die Bankenaufsicht im Vereinten Königreich (Prudential Regulation Authority und Financial Conduct Authority) bestätigt, dass das bisher in der EU regulatorisch geforderte Bonus Cap für Finanzinstitute mit Wirkung zum 31. Oktober 2023 aufgehoben wird. Anstelle des Bonus Caps tritt ein Prinzipien-basierter Ansatz, demzufolge Finanzinstitute ein eigenes angemessenes Verhältnis von fixer zu variabler Vergütung definieren dürfen.
Banken, die ihren Hauptsitz in der Europäischen Union haben, müssen sich allerdings trotzdem an das regulatorisch geforderte Verhältnis von 1:1 von variabler zu fixer Vergütung von Risikoträgern halten, dass mit Zustimmung der Eigentümer auf maximal 2:1 erhöht werden kann. Dies entspricht den Regelungen in Deutschland, wo die Regelung für die gesamte Belegschaft gilt und nicht auf Risikoträger begrenzt ist.
Die sich daran anschließende Regelungen für Risikoträger, wie bspw. die 40%-prozentige Aufschiebung (Deferrals) der variablen Vergütung über einen Zeitraum von vier Jahren und die Auszahlung von 50% der variablen Vergütung in Instrumenten, bleiben vorerst bestehen.
Den Banken bleibt es aktuell selbst überlassen, ob sie ihre umgesetzten Regelungen beibehalten oder bereits ändern.
Aus unseren Gesprächen mit Banken in UK und der EU entnehmen wir aber, dass keine Änderungen der Bonusregelungen für das laufende Performance Jahr zu erwarten sind. KPIs und deren Gewichtung und Kalibrierung sind auf das bisherige Bonus Cap und auch Zielvergütungen auf den bisherigen Pay Mix ausgerichtet. So wurden die Gehaltsbudgets für 2023 unter der Annahme festgelegt und budgetiert, dass die Obergrenze für die variable Vergütung von 1:1 bzw. 2:1 weiterhin gilt. Außerdem sind feste Gehaltsniveaus für Risikoträger in der Regel in Arbeitsverträgen verankert, so dass eine Anpassung der Vertragsgrundlage notwendig wäre.
Für die Bonusregelungen ab 2024 erwarten wir jedoch auf Basis der geführten Gespräche vereinzelt Änderungen, was aber nicht notwendigerweise direkt zu materiellen Veränderungen führt, da Banken zunächst versuchen werden die in den letzten Jahren gestiegene Fixvergütung über die Zeit zu reduzieren, um parallel wieder Bonusopportunitäten auszuweiten.
Unsere Erfahrung zeigt zudem, dass Unternehmen zurückhaltend sind, wenn es darum geht, bei Änderungen der "Vorreiter" zu sein. Oft sind Banken unschlüssig, ob sie umfassende Änderungen für alle Risikoträger vornehmen oder einen schrittweisen Ansatz verfolgen (z. B. die Festvergütung für Neueinstellungen zu senken, was wiederum zu Problemen bei der internen Gerechtigkeit führt).
Die Regulierungsbehörden machen darauf aufmerksam, bei Änderungen des Lohngefüges auf geschlechtsspezifische Lohnunterschiede zu achten, da es Hinweise darauf gibt, dass die geschlechtsspezifischen Lohnunterschiede in Bezug auf Boni tendenziell größer sind als in Bezug auf feste Gehälter. Dies wird auch durch unsere Analysen der Vergütungsdaten im Financial Services Bereich gestützt.
Durch die neu gewonnene Freiheit der UK-Banken scheinen diese gegenüber den EU-Banken am Standort London einen Vorteil im Wettbewerb um Talente zu erhalten.
Allerdings bestand auch bislang aus deutscher Perspektive ein vermeintlicher Wettbewerbsnachteil, da innerhalb der EU ansonsten der Bonus Cap zwingend nur für Risikoträger anzuwenden ist. Die Möglichkeit, Boni zu gewähren, die die Grundvergütung übersteigen, ist daher grundsätzlich nicht neu. Auch in anderen Financial Services Sektoren sieht die Regulatorik bereits vor, einen unternehmensspezifischen Bonus Cap zu definieren. Signifikante Effekte bezogen auf die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den diesbezüglich strenger regulierten Banken waren nur vereinzelt zu beobachten.
Viele Risikoträger sind wahrscheinlich von der Möglichkeit eines großzügiger limitierten Bonuspotenzials angetan, werden aber wohl kaum einer Kürzung ihrer Festvergütung zustimmen. Da zudem die Anforderungen für die Deferrals für Risikoträger vorerst unverändert bleiben, besteht die Möglichkeit, dass eine Senkung der Festvergütung und gleichzeitige Erhöhung der variablen Vergütung dennoch kurzfristig zu geringeren Auszahlungsbeträgen führt.
Abschließend werden Banken mit Hauptsitz in der Europäischen Union die bisherige Obergrenze für Standorte in UK vorerst nicht aufheben können, da sie weiterhin an die von der EBA vorgegeben Obergrenzen der CRD gebunden sind.
Bei Fragen zu diesem Thema sprechen Sie uns gerne an. Es ist geplant im ersten Quartal 2024 einen branchenspezifischen Pulse Survey durchzuführen.