Aktuelle Rechtsprechung
Mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) wurde zum 1.1.2019 in den Durchführungswegen Pensionsfonds, Pensionskasse und Direktversicherung der verpflichtende Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung eingeführt (15 Prozent des umgewandelten Betrages, soweit der Arbeitgeber Sozialversicherungsbeiträge einspart).
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte bislang in mehreren Entscheidungen offengelassen, ob ein vor 2019 abgeschlossener Tarifvertrag zur Entgeltumwandlung eine nach § 19 Abs. 1 BetrAVG zulässige inhaltliche Abweichung von § 1a Abs. 1a BetrAVG beinhalten kann (siehe Benefits Perspectives Mai 2022 ). Diese Frage hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen nunmehr bejaht (LAG Niedersachsen vom 16.10.2023 – 15 Sa 223/23).
Auch könne ein bereits bei Inkrafttreten des § 1a Abs. 1a BetrAVG gezahlter Zuschuss zu einer Entgeltumwandlung auf den verpflichtenden Arbeitgeberzuschuss angerechnet werden. Das Urteil ist jedoch nicht rechtskräftig, da Revision zum BAG (3 AZR 285/23) eingelegt wurde.
In dem entschiedenen Fall fand ein Tarifvertrag vom 9.12.2008 auf das Arbeitsverhältnis des Klägers Anwendung, nach welchem die Beschäftigten Anspruch auf einen Altersvorsorgegrundbetrag und auf Entgeltumwandlung haben.
Der Altersvorsorgegrundbetrag ist eine Arbeitgeberleistung, welche die Beschäftigten zwingend für eine Entgeltumwandlung verwenden müssen. Über diesen Betrag hinaus haben die Beschäftigten einen Anspruch darauf, Entgeltumwandlung bis zur Höchstgrenze des § 3 Ziffer 63 EStG (mindestens 1/160 der Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV) vorzunehmen.
Ab 2019 zahlte der Kläger monatlich einen festen Betrag von 86,83 Euro im Wege der Entgeltumwandlung in einen Pensionsfonds. In dem Betrag war der monatliche Altersvorsorgegrundbetrag der beklagten Arbeitgeberin enthalten. Im Kalenderjahr 2022 überstieg dieses vom Kläger umgewandelte Entgelt den Altersvorsorgegrundbetrag in Höhe von 38,48 Euro um 48,35 Euro monatlich.
Der Kläger vertrat die Ansicht, die Beklagte sei verpflichtet, ihm nach § 1a Abs. 1a BetrAVG für den übersteigenden Betrag seiner Entgeltumwandlung einen Zuschuss in Höhe von 15 Prozent zu zahlen (48,35 Euro x 15 Prozent = 7,25 Euro monatlich).
Das Arbeitsgericht hatte die Klage abgewiesen und der Kläger hiergegen Berufung eingelegt, welche das LAG Niedersachsen als unbegründet abgewiesen hat.
Das LAG vertrat die Ansicht, dass durch die Bestimmungen des Tarifvertrags eine Regelung im Sinne des § 19 Abs. 1 BetrAVG vorliege, mit welcher von § 1a Abs. 1a BetrAVG abgewichen werden darf. Die Tatsache, dass der Tarifvertrag vor dem Inkrafttreten des § 1a Abs. 1a BetrAVG abgeschlossen wurde, stehe dem nicht entgegen. Der Wortlaut des § 19 Abs. 1 BetrAVG enthalte keine zeitliche Einschränkung und die Gesetzesbegründung spreche ebenfalls für diese Auslegung.
Hilfsweise seien etwaige Ansprüche auf Zuschuss nach § 1a Abs. 1a BetrAVG durch die Zahlung des Altersvorsorgegrundbetrages erfüllt. Die Verpflichtung zur Zahlung des Zuschusses bestehe nur, soweit der Arbeitgeber Sozialversicherungsbeiträge einspare. Ziel dieser gesetzlichen Regelung sei es, einen (weiteren) Anreiz für den Arbeitnehmer zu schaffen, Entgeltumwandlung zu betreiben. Im entschiedenen Fall diene der Altersvorsorgegrundbetrag als Grundstock der Entgeltumwandlung und biete zusätzlich einen Anreiz, darüber hinaus Entgeltumwandlung vorzunehmen. Der Altersvorsorgegrundbetrag erfülle damit unmittelbar auch den Zweck des § 1a Abs. 1a BetrAVG.
Das Urteil ist zu begrüßen, da es Klarheit schafft.
Sollte das BAG das Urteil bestätigen, könnten sich Arbeitgeber auf Folgendes verlassen:
Sollte eine vor dem 1.1.2019 abgeschlossene tarifliche Regelung nicht als abweichende Regelung einzustufen sein, können vom Arbeitgeber im (weiteren) Zusammenhang mit der Entgeltumwandlung gezahlte tarifliche Leistungen hilfsweise auf den verpflichtenden Arbeitgeberzuschuss nach § 1a Abs. 1a BetrAVG angerechnet werden.