Die erwarteten Gehaltsanpassungen für dieses Jahr bleiben mit 4% auf einem historisch hohen Niveau. Zentrale Treiber wie Inflation und der angespannte Talentmarkt bleiben relevante Einflussfaktoren. Im Vergleich zum Vorjahr werden aber auch Faktoren genannt, die ein Ende der großen Budgets bedeuten könnten.
Im Jahr 2024 bleiben die erwarteten Gehaltsanpassungsbudgets in der Finanzdienstleistungsbranche (FS-Branche) stabil auf einem hohen Niveau, wobei der Medianwert bei durchschnittlich 4% liegt. Auffällig ist die enge Bandbreite zwischen dem ersten und dritten Quartil, die 1,2 Prozentpunkte beträgt (gegenüber 1,5% im Vorjahr). Diese Konsistenz signalisiert eine wachsende Gleichmäßigkeit in der Vergütungspolitik der Branche. Alle Zahlen dieses Artikels stammen aus dem WTW Salary Budget Planning Report Dezember 2023 (im Vergleich zu Dezember 2022).
Obwohl die Inflation nicht mehr automatisch das beherrschende Thema bei Gehaltsdiskussionen ist, bleibt sie ein bedeutender Faktor bei der Gestaltung der Gehaltsbudgets in der FS-Branche. 77% der FS-Unternehmen führen sie als entscheidenden Einflussfaktor an, im Vergleich zu 65% der Unternehmen insgesamt in Deutschland (im Vorjahr lagen beide Zahlen bei über 80%).
Diesem Faktor folgen Befürchtungen bezüglich des angespannten Talentmarkts, die sowohl in der FS-Branche als auch branchenübergreifend weiter eine große Rolle spielen. Das Grundgehalt hält sich als ein zentraler Anziehungs- wie Bindungsfaktor als wichtiges Instrument der Arbeitgeberattraktivität. Die FS-Branche weist nach wie vor höhere Attrition-Zahlen als der Gesamtmarkt auf und kämpft im Ringen insbesondere um digitale Talente mit der Wahrnehmung als attraktiver und abwechslungsreicher Arbeitgeber. Die im Branchenvergleich hohen Grundgehälter halten dagegen.
Während diese beiden Faktoren weiter hohe Budgets erwarten lassen, rückt mit der Antizipation schwächerer finanzieller Ergebnisse nun aber auch eine Begründung für sinkende Budgets in den Fokus. Während im Vorjahr nur 11% der FS-Unternehmen diese Befürchtung als Determinante des Gehaltsanpassungsbudgets nannten, sind es mittlerweile über 36% (der Anteil der diesbezüglich pessimistischen Marktteilnehmer ist damit um ein Drittel höher als in der Gesamtmarktbetrachtung).
Eine weitere bemerkenswerte Veränderung ist der verstärkte Fokus auf Pay Equity. Circa 20% der Organisationen geben Befürchtungen im Hinblick auf Pay Equity als Determinante an. Organisationen die bereits fortgeschritten in der Analyse des Pay Gaps sind, ergreifen damit sichtbar Maßnahmen, um dieses zu senken (branchenübergreifend geben im Vergleich 11,5% Pay Equity als Einflussfaktor an).
Wir blicken also weiterhin auf eine Gleichung mit vielen Variablen, die vor allem im Falle einer unveränderten Inflationsdynamik weiter in hohen Anpassungsbudgets resultieren kann. Die wachsende Bedeutung potenziell einschränkender Faktoren kann diesen Trend nachhaltig einschränken und betrifft den FS-Sektor in höherem Maße als andere Branchen. Unter Umständen zeichnet sich am Horizont also ein Ende der Erwartungen an die Gehaltsanpassungen von 4% oder mehr ab.
Die deutschen Daten fallen dabei im westeuropäischen Vergleich kaum auf, hier liegen lediglich die Schweiz merklich niedriger und die Niederlande wiederum höher. Im Sub-Sektorenvergleich zeichnen sich für die Versicherer in Europa leicht höhere Budgets ab als für die Banken (4,3% vs. 4,0%). Dies könnte in Deutschland mit der Erwartung eines hohen Tarifabschlusses in der Versicherungsbranche zusammenhängen, nachdem die Anpassungen in den letzten Tarifrunden zurückhaltend waren.