Grundpfeiler für die Verwaltung der betrieblichen Altersversorgung (bAV) sind Experten, die die gesamte Wertschöpfungskette der bAV abdecken und deren Weiterentwicklung vorantreiben. Im Zuge des demografischen Wandels in Deutschland gewinnt die Personalgewinnung für die Branche „betriebliche Altersversorgung“ zunehmend an Bedeutung. Gründe dafür sind sowohl strukturelle Veränderungen innerhalb der zu betreuenden Mitarbeitergruppen als auch veränderte Bedingungen auf dem deutschen Arbeitsmarkt.
Mit den geburtenstarken Jahrgängen (sog. Baby-Boomer), die in den Ruhestand gehen, verändern sich die zu verwaltenden Bestandsstrukturen. Ein immer größerer Anteil gehört zu den rentennahen Jahrgängen oder zu den Rentnern. Die rentennahen Jahrgänge haben einen höheren und detaillierteren Informationsbedarf über die zu erwartende Versorgung. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass im Zuge dieser strukturellen Veränderung auch der Verwaltungsaufwand durch eine steigende Anzahl von Anfragen, Leistungsfällen und Leistungsempfängern zunimmt. Hinzu kommt, dass sich in der Bevölkerung sukzessive die Erkenntnis durchsetzt, dass das Leistungsniveau der gesetzlichen Rentenversicherung im Zuge des demografischen Wandels auf dem Prüfstand steht und die betriebliche Altersversorgung einen immer wichtigeren Baustein in der individuellen Vorsorge einnehmen wird. Insofern wird der Informationsbedarf über die Möglichkeiten der bAV bei allen Generationen steigen. Die bAV-Verwaltung muss diese Anfragen sowohl quantitativ als auch qualitativ bewältigen.
Der demografische Wandel macht sich bereits heute auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar[1]. Jüngere Jahrgänge, die in den Arbeitsmarkt eintreten, sind zahlenmäßig kleiner als die Baby-Boomer, die den Arbeitsmarkt verlassen, so dass insgesamt weniger Arbeitskräfte am Markt zur Verfügung stehen. Daraus resultiert ein Wettbewerb um Arbeitskräfte. Mittelfristig führt dies über einen gesamtwirtschaftlichen Transformationsprozess dazu, dass der Technologieeinsatz erhöht wird und Arbeitskräfte auf die attraktivsten Branchen neu verteilt werden. Kurzfristig wird es zu einem Fachkräftemangel kommen. Dieser Fachkräftemangel betrifft auch die betriebliche Altersversorgung. Um in diesem Wettbewerb zu bestehen, muss sich die bAV-Community im Wettbewerb mit anderen Branchen behaupten.
Die betriebliche Altersversorgung ist ein Berufsfeld, das sich von anderen unterscheidet, weil es sehr viel Fachwissen in verschiedenen Bereichen erfordert. Dazu gehören Themen aus den Bereichen betriebliche Altersversorgung aber auch Finanzwirtschaft, Bilanzierung, Regulierungsthemen, Versicherungsmathematik, Verwaltung, Prozessoptimierung und Technologie. In den letzten Jahrzehnten hat sich eine hohe Spezialisierung herausgebildet, die oft mehrere Fachgebiete vereint. Infolge der Komplexität und der Interdependenz verschiedener Fachgebiete dauert es mehrere Jahre, bis das erforderliche Wissen erworben ist.
Infolgedessen sind bAV-Experten auf dem Arbeitsmarkt sehr gefragt. Wie oben beschrieben, wird mit dem demografischen Wandel der Fachkräftemangel noch weiter steigen. Hinzu kommt, dass sich die Anforderungen an das Berufsbild mit fortschreitender Digitalisierung und Regulatorik weiterentwickeln werden. Dies erfordert die Anpassung der benötigten Rollenprofile sowie eine stetige Weiterbildung der Mitarbeitenden.
Um dem Fachkräftemangel in der bAV entgegenzuwirken, gibt es aus Unternehmenssicht mehrere Möglichkeiten. Ohne grundsätzliche Veränderung des Organisations- und Sourcingmodells vorzunehmen, ist eine Möglichkeit die Neuausrichtung des Talentmanagements[2]. Eine praktikable Strategie liegt darin, verstärkt auf Neu- oder Quereinsteiger ohne einschlägige Berufserfahrungen zu setzen und mit Qualifizierungsmaßnahmen die notwendigen Expertisen aufzubauen. Im Kern beinhaltet dies eine noch stärkere Identifizierung von Potenzialträgern aus dem Pool der Bewerber und in der Folge eine noch individualisiertere Qualifizierung mit dem Ziel, eine stärkere Bindung der Fachexperten an das Unternehmen zu erreichen.
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Mit der Neuausrichtung des Talentmanagements geht auch die Anpassung des Recruitings einher. Lag bisher der Fokus auf spezifischem Fachwissen, so liegt nun der Schwerpunkt auf Erfahrungen und dem Potenzial, sich in neue Fachgebiete einzuarbeiten und diese „on-the-job“ zu erlernen. Dieses Vorgehen soll am Beispiel eines Stellenprofils für die bAV-Sachbearbeitung erläutert werden. In der Regel werden sehr gute deutsche Sprachkenntnisse für diese Stellen vorausgesetzt, da Textleseverständnis genauso wie schriftliche Formulierungsfähigkeit die Basis für eine effektive Einarbeitung ist. (Perspektivisch wird sich diese Anforderung mit zunehmendem Einsatz von KI-Technologien ändern.) Fähigkeiten wie Genauigkeit, Zahlenverständnis und Motivation, sich in neue komplexe Fachgebiete über einen längeren Zeitraum einzuarbeiten, sind idealerweise auf Basis von bereits bestehenden Praxiserfahrungen nachzuweisen oder mit geeigneten Potenzialanalysen zu ermitteln. Erfüllen die identifizierten Bewerber die so definierten Anforderungen, dann sind die Chancen sehr groß, dass mit einem geeigneten Training die Fachexpertise erreicht werden kann. Diese Neuorientierung durchzieht den gesamten Recruiting-Prozess. So ist beispielsweise die Ansprache über geeignete Stellenausschreibungen auf die gewünschten Rollenprofile von potenziellen Neu- oder Quereinsteigern auszurichten. Das gleiche betrifft Interviews, indem noch stärker das Potenzial abgefragt werden muss.
Gleichzeitig bietet diese neue Herangehensweise auch die einmalige Chance, einen Pool an diversen Talenten aufzubauen, der eine Mischung aus verschiedenen Qualifikationen und Erfahrungen aufweist. Dies kann mittelfristig die Innovationskraft und Leistungsfähigkeit insgesamt steigern. Ein weiterer positiver Nebeneffekt ist, dass damit Diversität erhöht werden kann.
Im zunehmenden Wettbewerb um Arbeitskräfte ist es wichtig, dass der gesamte Rekrutierungsprozess den neuen Standards des Markts folgt. Dieser ist geprägt durch Schnelligkeit und die Begleitung durch soziale Medien und andere Kommunikationskanäle.
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Quer- und Neueinsteiger ohne einschlägige Berufserfahrung haben unterschiedliche Qualifikationen und Erfahrungen. Insofern kommt der Qualifizierung der gewonnenen Talente eine besondere Bedeutung zu. Konnten bisher pauschalisierte Trainings- und Einarbeitungsprogramme für eine homogene Mitarbeiterschaft angeboten werden, so sind nun wesentlich individualisiertere Qualifikationsmaßnahmen notwendig.
Individualisierte Einarbeitungsprogramme, die auf die spezifischen Anforderungen der bAV zugeschnitten sind, können die Einarbeitungszeit verkürzen und die Effizienz steigern. Besondere Bedeutung kommt hier dem Onboarding zu. Die ersten Eindrücke eines neuen Mitarbeitenden über den neuen Arbeitgeber sind entscheidend für die Bindung des Mitarbeitenden an den Arbeitgeber.
Vor dem Hintergrund der sich ändernden Rahmenbedingungen in allen relevanten Fachgebieten der betrieblichen Altersversorgung kommt der permanenten Weiterbildung eine besondere Bedeutung zu. Eine Individualisierung und Personalisierung der Trainings können mit digitalen Bildungsangeboten erreicht werden.
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Wirtschaftlich ist diese strategische Neuausrichtung nur dann, wenn eine langfristige Bindung der qualifizierten Mitarbeitenden erfolgt. Nur dann zahlen sich die Investitionen des Arbeitgebers aus.
Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, wie mit konkreten Maßnahmen die Bindung von Mitarbeitenden an die Unternehmen erfolgen kann. Dazu gehören[3] :