Wie sieht die Praxis aus? Eine Podiumsdiskussion
Das Thema faire Vergütung beschäftigt gerade viele Finanzdienstleister. Wie gehen Unternehmen damit um? Diese Frage stand im Fokus einer Podiumsdiskussion auf der WTW HR-Branchenkonferenz Banken und Versicherungen 2024. Teilnehmerinnen der Diskussion waren Katharina Bökamp, Volkswagen Bank GmbH, Sabine Payne, Deutsche Bank AG, Kerstin Willer, Erste Group Bank AG sowie Florian Frank, WTW. Moderiert wurde sie von den WTW-Expertinnen Nicoletta Blaschke und Hanne Borst.
Im Folgenden skizzieren wir die wesentlichen Aspekte der Diskussion – ihr Fazit: Fair Benefits führen als Teil einer differenzierten Total-Rewards-Strategie zu einer positiven Employee Experience, auf die es bei der Gewinnung und Bindung von Mitarbeitenden ankommt.
Werden Frauen und Männer für gleichwertige Arbeit gleich vergütet? Das neue Entgelttransparenzgesetz fordert von den Banken und Versicherungen bei dieser Frage klare Daten. In erster Linie geht es um das Grundgehalt. Doch auch Benefits spielen eine wichtige Rolle: Einerseits wirkt sich die Höhe des Gehalts auf den Umfang einiger Benefits aus, wodurch sich Ungerechtigkeiten fortsetzen. Andererseits sind Benefits eine finanzielle oder geldwerte Leistung. Was also muss alles berichtet werden, um gesetzeskonform zu sein?
Zudem interessieren sich immer mehr Bewerbende für die Benefits; Recruiter kennen Fragen wie diese: „Welche betriebliche Altersversorgung bieten Sie mir und welche Leistungen rund um die Gesundheitsvorsorge?“ Wer hier nicht mit attraktiven Angeboten punkten kann, hat es schwer, neue Mitarbeitende zu gewinnen. Aber auch bestehende Mitarbeitende erwarten von ihrem Arbeitgeber wettbewerbsfähige Benefits – Benefits haben Bindungskraft.
Viele Finanzinstitute analysieren deshalb jetzt neben ihren Vergütungssystemen auch ihre Benefitsprogramme. Bei den Benefits geht es dabei nicht nur um Geschlechtergerechtigkeit, sondern auch um Generationengerechtigkeit, Nachhaltigkeit und Inklusivität. Gesundheitschecks nur für Top-Manager zum Beispiel schließen Mitarbeitende in den unteren Gehaltsklassen aus; dazu gehören viele Jüngere und auch zahlreiche Frauen, die leider nach wie vor zu wenig „auf den oberen Etagen“ vertreten sind. Gerade beim Thema Gesundheitsvorsorge denken Banken und Versicherungen deshalb über Gesundheitsprogramme für alle nach.
Bei der Analyse der Benefits geht es auch um deren Kosten; die HR-Budgets sind nach wie vor angespannt. Entscheidend ist hier die Frage, wie wirkungsvoll die Programme sind, um Mitarbeitende zu gewinnen und zu binden – die Investments sollen sich schließlich lohnen.
“Wir betrachten jedes Jahr unsere komplette Benefitslandschaft. Dabei nut-zen wir Design Principles, zu denen auch die Genderneutralität gehört.”
Sabine Payne | Deutsche Bank
Hier spielen viele Fragen eine Rolle, die immer wieder beantwortet werden sollten: Welche Benefits trenden im Markt? Welche Mitarbeitergruppen wünschen welche Benefits? Wie kann das Benefitsportfolio so gestaltet werden, dass es von allen Mitarbeitenden als fair empfunden wird? Und welche bestehenden Benefits kann man also streichen, um freie Mittel für gefragte neue Benefits zu haben?
Konzerne mit mehreren Tochtergesellschaften und deren Benefitsprogrammen müssen zudem regelmäßig prüfen, welche Angebote harmonisiert werden sollten und welche Unterschiede bestehen bleiben können. Dafür braucht es dann auch gute Argumente für eine überzeugende Kommunikation mit den Mitarbeitenden und dem Betriebsrat.
Kommunikation spielt rund um die Benefits insgesamt eine wichtige Rolle. So zeigt eine WTW-Studie, dass nur neun Prozent der Mitarbeitenden wissen, wie viel Geld ihr Arbeitgeber in ihre Benefits investiert. Die gewünschte Wertschätzung bleibt so aus. Für eine positive Wirkung können die Unternehmen jedoch vor allem mit digitalen Kommunikationslösungen sorgen, gerade in virtuellen Arbeitswelten.
Stand der Dinge sind hier etwa Benefitsportale und Apps, die über einen persönlichen Zugang das jeweils relevante Benefitsangebot transparent machen und einen kurzen Weg bieten, diese Angebote zu nutzen. Solche Lösungen erlauben es, die Benefitsprogramme so weit zu flexibilisieren und zu individualisieren, dass jeder Mitarbeitende das Angebot findet, das seiner aktuellen Lebenssituation entspricht.
Je umfassender das Benefitsangebot und die Wahlmöglichkeiten sind, desto komplexer werden die Programme. Alles sollte jedoch reibungslos und ohne großen Aufwand administrierbar bleiben. Doch auch dies gelingt mit digitalen Lösungen: Wählt ein Mitarbeitender ein Angebot aus und legt dabei vielleicht auch fest, wie viel er zuzahlen will, fließen die Daten umgehend bis in die Gehaltsabrechnung.
Welche Benefits sind zur Zeit bei Mitarbeitenden besonders beliebt? Ganz vorn stehen hier Angebote zu den Themen finanzielles und gesundheitliches Wellbeing. Dazu ge-hören eine betriebliche Altersversorgung, die den Mitarbeitenden die Sorge vor Armut im Alter nimmt, attraktive Kranken- und Unfallversicherungen und Programme zur Gesundheitsvorsorge – von Fitnessprogrammen über Gesundheits-Checks bis zu Programmen zur Stressreduktion.
Im Trend liegen zudem Zeitwertkonten, die es den Mitarbeitenden ermöglichen, ohne finanzielle Verluste eine Auszeit zu nehmen, den Übergang in die Rente flexibel zu gestalten oder auch in den Vorruhestand zu gehen.
Wer seine Mitarbeitenden fair vergütet, ihnen faire Benefits bietet und sein Angebot umfassend kommuniziert, etwa im Rahmen von Total Rewards Statements, wird nicht nur den regulatorischen Anforderungen gerecht. Er bewirkt darüber hinaus vor allem, dass ihn Bewerbende und seine bestehenden Mitarbeitenden als fairen Arbeitgeber sehen. Auf diese positive Employee Experience kommt es an, um neue Mitarbeitende zu gewinnen und die bestehenden zu binden.
Faire Vergütungs- und Benefitsprogramme tragen im Rahmen einer differenzierten Total-Rewards-Strategie also wesentlich dazu bei, Banken und Versicherern die Mitarbeitenden zu sichern, die sie auf ihrem Weg nach vorn brauchen. Der Personalbereich nimmt auch dadurch eine Schlüsselrolle für den Erfolg der Finanzdienstleister ein. Die Investitionen in das Thema Fairness zahlen sich unter dem Strich mehr als aus.