Die aktuelle Rechtsprechung des BAG
Der klagende ehemalige Arbeitnehmer hatte vom beklagten Arbeitgeber eine betriebliche Versorgungszusage erhalten. Diese sagte als Betriebsrente einen Prozentsatz des letzten Einkommens zu und sah insbesondere vor, dass auf die so ermittelte Betriebsrente unter anderem die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (gRV) anzurechnen war.
Nach seinem unverfallbaren Ausscheiden 1998 hatte der ehemalige Arbeitnehmer vom ehemaligen Arbeitgeber eine Bescheinigung über die Höhe seiner unverfallbaren Anwartschaft (UVA) erhalten. Als UVA-Quotient aus erbrachter Betriebszugehörigkeit (BZ) zu insgesamt möglicher BZ bis zur festen Altersgrenze 65 waren 45,86 Prozent ausgewiesen. Weiter war bei Erreichen der festen Altersgrenze eine Leistung in Höhe von 1.457,33 Euro monatlich aus unverfallbarer Anwartschaft ausgewiesen.
Durch das zum 1. Januar 2008 in Kraft getretene RV-Altersgrenzenanhebungsgesetz hat der Gesetzgeber die Regelaltersgrenze der gRV schrittweise angehoben. Die Regelaltersgrenze der gRV für den 1955 geborenen Kläger liegt nach der Anhebung bei 65 Jahren und 9 Monaten.
Seit 2018 bezieht der klagende ehemalige Arbeitnehmer vom beklagten Arbeitgeber als vorzeitige Altersleistung aus UVA eine Betriebsrente in Höhe von zunächst 1.420,99 Euro pro Monat, also zirka 37 Euro pro Monat weniger als in der UVA-Bescheinigung mitgeteilt. Der beklagte Arbeitgeber hat dem ehemaligen Arbeitnehmer bei der Leistungsfestsetzung im Versorgungsfall mitgeteilt, dass er die inzwischen höhere Regelaltersgrenze in der gRV sowohl bei der Ermittlung der erreichbaren Betriebsrente als auch bei der Ermittlung der anzurechnenden Leistung der gRV berücksichtigt hat.
Der UVA-Quotient betrage deshalb nicht mehr 45,86 Prozent, sondern nur noch 44,99 Prozent. Der ehemalige Arbeitnehmer klagte gegen diese Verringerung seiner Betriebsrente um zirka 37 Euro pro Monat gegenüber dem in der UVA-Bescheidung ausgewiesenen Betrag. Im gerichtlichen Verfahren hat der Beklagte Arbeitgeber hilfsweise zusätzlich argumentiert, er sei berechtigt, beim Kläger einen sogenannten untechnischen Abschlag für die vorzeitige Inanspruchnahme der betrieblichen Altersleistung anzusetzen, den er bei anderen ehemaligen Arbeitnehmern nicht ansetzt.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) (3 AZR 1/23) ermittelte die Höhe der Versorgungsleistung aus UVA nach den dafür einschlägigen gesetzlichen Regelungen in § 2 i.V.m. § 2a des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG). Diese Normen wendet das BAG in ihrer aktuellen, insoweit zuletzt mit Wirkung seit 2018 geänderten Fassung an. Eine dieser Herangehensweise entgegenstehende gesetzliche Übergangsvorschrift existiert nicht.
Nach § 2 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2a BetrAVG ist die bei Erreichen der festen Altersgrenze erreichbare Altersleistung hochzurechnen, von dieser die hochgerechnete erreichbare anzurechnende Leistung (hier diejenige der gRV) abzuziehen und das Ergebnis mit dem UVA-Quotienten aus erreichter BZ zur insgesamt bis zur festen Altersgrenze möglichen BZ zu multiplizieren. Die nun in § 2a Abs. 1 BetrAVG und früher in § 2 Abs. 5 BetrAVG früherer Fassung geregelte Veränderungssperre gibt vor, dass dabei die Versorgungsregelungen und die Bemessungsgrundlagen auf den Zeitpunkt des Ausscheidens (hier 1998) festgeschrieben werden.
Bemessungsgrundlage in diesem Sinne ist auch die feste Altersgrenze, die nach der Gesetzeslage 1998 noch beim vollendeten 65. Lebensjahr lag. Das BAG betont, dass auch die Bemessungsgrundlagen der anzurechnenden Leistung (hier diejenigen der gRV) vom Festschreibeeffekt erfasst werden. Dass § 2a Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 BetrAVG dies – anders als § 2 Abs. 5 BetrAVG in früherer Fassung – nicht mehr ausdrücklich regelten, sei unerheblich. Durch die Veränderung der Vorschriften zur Höhe der UVA habe insoweit keine inhaltliche Änderung erfolgen sollen. Sofern die frühere Rechtsprechung des BAG diesbezüglich anders verstanden werden könnte, halte das BAG daran nicht fest. Wegen der gegenüber 1998 unveränderten Altersgrenze 65 ist insbesondere der im Unverfallbarkeitsdokument mitgeteilte UVA-Quotient von 45,85 Prozent maßgeblich.
Das BAG sah auch die vom Arbeitgeber hilfsweise vorgebrachte Kürzung wegen eines untechnischen Abschlags für die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersleistung als unzulässig an. Der Arbeitgeber hatte dies im Fall des klagenden ehemaligen Arbeitnehmers vornehmen wollen, während er es bei anderen ehemaligen Arbeitnehmern nicht vornahm und nicht vornimmt. Das BAG sah die erforderliche Regelungslücke in der Versorgungsordnung für eine Kürzung um untechnische Abschläge als nicht gegeben an.
Eine Kürzung um untechnische Abschläge kann vorgenommen werden, wenn die Versorgungszusage zwar eine Kürzung wegen vorzeitiger Altersleistung nicht regelt, sie diese aber auch nicht ausschließt. Die hier maßgebliche Versorgungsordnung gab zu erkennen, dass sie die Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersleistung bedacht hat und dafür keine Kürzung der Leistungshöhe regelte. Vor diesem Hintergrund sah das BAG keinen Raum für einen untechnischen Abschlag.
Die eindeutige Aussage, dass der Festschreibeeffekt bei Anrechnungssystemen auch die anzurechnende Versorgung vollumfänglich erfasst, schafft Klarheit. Hier bestand zuvor wegen Aussagen des BAG, die anders verstanden werden konnten, eine für die Anwendungspraxis belastende Unsicherheit. Im Übrigen bestätigt die Entscheidung bekannte Vorgaben des BAG.