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Artikel | Benefits Perspectives

Das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) soll kommen

Weniger bürokratischer Aufwand – bei deutlich reduzierten Kosten

Von Leon Sennhenn | 21. Juni 2024

Der Entwurf zum Bürokratieentlastungsgesetz IV sieht den Abbau vieler bürokratischer Hürden in mehreren Rechtsgebieten vor. Dazu zählt vor allem die Herabstufung der Schriftform auf die Textform.
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Entlastung der Wirtschaft durch Bürokratieabbau

Die Bundesregierung hat den am 13. März 2024 vom Bundeskabinett beschlossenen Regierungsentwurf eines „Vierten Gesetzes zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, der Wirtschaft sowie der Verwaltung von Bürokratie“ (BEG IV) in den Bundestag eingebracht, welcher am 17. Mai 2024 hierüber in erster Lesung beraten hat. Dem waren die Stellungnahme des Bundesrates vom 26. April 2024 (BR-Drs.124/24 (Beschluss)) und ein erneuter Beschluss des Bundeskabinetts am 8. Mai 2024 vorausgegangen (BT-Drs. 20/11306).

Der in den Bundestag nun eingebrachte Gesetzesentwurf sieht den Abbau zahlreicher Nachweis-, Melde- und Formvorschriften vor. So sollen zum Beispiel Aufbewahrungspflichten für Buchungsbelege im Handels- und Steuerrecht von bisher zehn auf acht Jahre verkürzt werden. Die Bundesregierung erhofft sich so eine Entlastung der Wirtschaft um jährlich 944 Mio. Euro.

Einführung der Textform statt Schriftform

Eine zentrale Neuerung ist die breit angelegte Herabstufung von bisher geltenden Schriftformerfordernissen (§ 126 Abs. 1 BGB) zur Textform (§ 126b BGB) in verschiedenen Bereichen. Anders als die Schriftform setzt die Textform keine eigenhändige Unterschrift voraus. Zur Wahrung der Textform reicht auch eine E-Mail oder sogar eine SMS- bzw. Messenger-Nachricht. Entsprechende Änderungen sind unter anderem im allgemeinen Vereinsrecht, im Gewerberaummietrecht und im Gesellschaftsrecht geplant. So sollen Vereinsmitglieder künftig auch in Textform einem Beschluss zustimmen können, der ohne Mitgliederversammlung gefasst wurde.

Umstellung auf Textform durch Änderung des Nachweisgesetzes

Besonders hervorzuheben ist die erst kürzlich erzielte politische Einigung bezüglich einer Umstellung auf Textform im Bereich des Arbeitsrechts. Während der Regierungsentwurf noch eine qualifizierte elektronische Signatur (§ 126a BGB) als Voraussetzung für einen Verzicht auf die Schriftform im Nachweisgesetz vorsah, beabsichtigt die Bundesregierung nun auch hier die Einführung der Textform, wie dies auch der Bundesrat in seiner Stellungnahme vom 26. April 2024 gefordert hat. Der auch weiterhin erforderliche Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen soll fortan in Textform ermöglicht werden, sofern das Dokument für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zugänglich ist, gespeichert und – zumindest theoretisch – ausgedruckt werden kann. Die Textform ist auch im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung vorgesehen. Lediglich für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in einem bestimmten Wirtschaftszweig im Sinne des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes tätig sind, soll die Schriftform bei der Nachweiserteilung erhalten bleiben.

Die Umstellung auf die Textform revidiert insoweit die letzte Reform des Nachweisgesetzes, welche am 1. August 2022 in Kraft trat. Hier hatte sich der Gesetzgeber noch für eine strenge Regelung entschlossen, wonach die wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen sind. Man ist mit dieser letzten Reform damals sogar über die Vorgaben der zugrundeliegenden EU-Arbeitsbedingungsrichtlinie (EU-Richtlinie 2019/1152 vom 20. Juni 2019) hinausgegangen, die ausdrücklich auch die elektronische Form zugelassen hatte. Hiermit entstanden auch rechtliche Unklarheiten in Bezug auf die betriebliche Altersversorgung (bAV), Zeitwertkonten und Benefit-Budget-Systeme. So befürchtete man insbesondere, dass die schriftliche Nachweispflicht auch im Zusammenhang mit arbeitsrechtlichen Entgeltumwandlungsvereinbarungen, welche arbeitgeberseitig häufig digital über Online-Portallösungen erfolgen, zur Anwendung kommt. Mit der Einführung der Textform auch im Nachweisgesetz wären etwaige Rechtsunsicherheiten an dieser Stelle aufgehoben.

Rechtssicherheit für die digitale Arbeitswelt

Die nun in den Bundestag eingebrachte Fassung des BEG IV geht bereits deutlich über den ersten Referentenentwurf vom 11. Januar 2024 hinaus. Die jetzt erreichte Einigung innerhalb der Bundesregierung und der Regierungsfraktionen auf den Verzicht einer qualifizierten elektronischen Signatur im Nachweisgesetz geht hierbei noch einen Schritt weiter. Diese enorme praktische Hürde soll im weiteren Verfahren zugunsten der einfachen Textform herausgenommen werden. Damit könnte die bereits lange von der Praxis geforderte Erleichterung in weiten Teilen des Arbeitsrechts Realität werden. Gerade auch im Bereich der bAV wären rechtliche Unklarheiten bei Online-Portallösungen für Entgeltumwandlungsvereinbarungen aufgrund der Regelungen des aktuell geltenden Nachweisgesetzes beseitigt.

Bis zum finalen Bundestagsbeschluss bleibt jedoch zunächst das weitere parlamentarische Verfahren abzuwarten. In den jetzt anstehenden Beratungen sind weitere Änderungen am Gesetzesentwurf möglich. Zudem muss der Bundesrat, der noch Änderungen und weitergehende Erleichterungen gefordert hat, dem Gesetz zustimmen.

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Associate Legal

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