Der WTW Salary Budget Planning Report (WTW SBP) bietet HR-Entscheidern seit vielen Jahren eine datenbasierte Grundlage zur Ermittlung des passenden Gehaltsanpassungsbudgets. Durch die Inflationsentwicklung der vergangenen Jahre ist das Interesse dafür weiter gestiegen. Für die July Edition haben für EMEA (Europe, Middle East and Africa) dieses Mal knapp 1.700 Unternehmen Daten zur Verfügung gestellt. Was sind die zentralen Ergebnisse? Gibt es Unterschiede zwischen den Branchen? Und welche Hintergrundthemen beeinflussen die Budgets?
Erstmals seit 2021 wird für die Anpassungsbudgets 2025 in Deutschland industrieübergreifend ein Wert unter 4 % erwartet. Während sich in der July Edition des WTW SBP die erwarteten 4 % für Deutschland im Jahr 2024 bestätigen, liegt der aktuell im Median erwartete Wert von 3,9 % für 2025 nun darunter. Auch wenn der erwartete Rückgang somit für die Gesamtindustrie gering ausfällt, deutet sich in einigen Sektoren deutlicher ein Trend zurück zu moderateren Anpassungen an. Ein zentraler Einflussfaktor ist dafür branchenübergreifend die abgeschwächte Inflation, die nun wieder unter den erwarteten Gehaltsanpassungsbudgets liegt.
So bewegen sich Banking/Finance- und Energie-Unternehmen im Median wieder unter der 3,5-Prozentmarke und auch der Tech-, Media- und Telekommunikations-Sektor erwartet mit einem Median von 3,6 % ein zurückhaltenderes Budget für 2025. Innerhalb der breiteren Branche gibt es jedoch jeweils Unterschiede: In der Finance-Branche liegen zum Beispiel die Versicherer (4,0 %) fast einen ganzen Prozentpunkt oberhalb der Bankenbranche und im Tech-Bereich lassen die Softwareunternehmen (4,0 %) andere Sektoren der Branche hinter sich. Die Gesundheitsbranche tritt etwas geschlossener auf, mit geringeren Abweichungen zwischen den Werten für Medtech (3,7 %), Biotechnologie (3,7 %), Healthcare (3,8%) und Life Sciences (4,0 %).
Zu beobachten bleibt die Entwicklung in der Chemie-Branche. Dort wurde zum Zeitpunkt der Abfrage für die July Edition des WTW Global SBP-Reports mit eher zurückhaltenden 3,6 % Anpassung im Jahr 2025 gerechnet. Die Abfrage endete jedoch vor Bekanntwerden des starken Tarifabschlusses für die Branche. Ein von WTW im Juli durchgeführter Pulse Survey zu diesem Thema lässt jedoch erwarten, dass sich die Prognose als Reaktion auf den Tarifabschluss bei Tarif-gebundenen und Tarif-orientierten Unternehmen nach oben bewegt.
Zirka zwei Drittel aller Finanzdienstleister nennen den Inflationsdruck als einen wichtigen Faktor, während dies in der branchenübergreifenden Perspektive nur noch etwa 42 % anführen. Während die Gesundheitsbranche in diesem Punkt nahe an der Gesamtindustrie liegt, geben nur zirka 32 % der Technologieunternehmen und nicht einmal 15 % der Softwarefirmen Inflationsdruck als Einflussfaktoren an.
Überraschenderweise scheint die Sorge um einen angespannteren Arbeitsmarkt die Budgets in der Softwareindustrie am wenigsten zu beeinflussen (von rund 19 % der Teilnehmer im Sektor genannt), treibt dafür jedoch die Finanzbranche umso mehr (Versicherer mit 62,5 %, gefolgt von Banking und Finance mit 50 %).
Ein Faktor, der möglicherweise auf die Budgets drückt, sind Sorgen mit Blick auf das Kostenmanagement. Besonders häufig nennen diesen Faktor Unternehmen aus den Sektoren Retail (88 %) und MedTech (80 %). Aber auch mehr als die Hälfte der teilnehmenden Unternehmen aus den Sektoren Energie (55 %), Elektro-Geräte (56 %) und Healthcare (50 %) nennen diese Sorgen als Einflussfaktoren und liegen damit deutlich über der Gesamtindustrie (37 %). Interessant ist, dass viele dieser Sektoren ebenso eine mögliche Rezession oder schlechtere wirtschaftliche Ergebnisse befürchten. Auch hier liegen der Elektro-Sektor (72 %), MedTech (60 %) und Retail (50 %) deutlich über der Gesamtindustrie (36 %).
Trotz der steigenden Aufmerksamkeit durch regulatorische Veränderungen, wird die Geschlechtergerechtigkeit (Pay Equity) insgesamt nur von 11 % der Unternehmen als Einflussfaktor genannt. Besonders relevant sehen dieses Thema offensichtlich die Versicherer an (25 %). Offen bleibt in dieser Analyse die Frage, ob die Versicherer diesbezüglich besonders große Lücken zu schließen haben oder aber Vorreiter am Markt sind. Möglicherweise ist der Sektor bereits weiter als andere, was Analysen und die Ableitung von Handlungsbedarf angeht. Genauso ist fraglich, ob die Lifesciences- und Energie-Unternehmen besonders wenig Bedarf an Anpassungen in dieser Hinsicht haben oder das Thema noch nicht konkret angehen.
Insgesamt entsteht der Eindruck, dass die Unternehmen sich mit der Findung des Gehaltsanpassungsbudgets für 2025 noch schwertun. Es gilt, vielfältige Einflussfaktoren abzuwägen, wobei viele dieser Faktoren mit Unsicherheit behaftet sind. Den Einfluss einzelner Faktoren bewerten die verschiedenen Industrien unterschiedlich. Was in der einen Branche Sorgen bereitet, ist für andere weniger relevant. Es bleibt spannend zu sehen, wie sich die Prognosen im weiteren Verlauf des Jahres 2024 entwickeln und welche Abweichungen die December Edition des WTW Global Salary Budget Planning Reports zeigen wird.