Aktuelle Ergebnisse der WTW Studie "Trennungskultur 2024"
Veränderungsdruck ist in allen Branchen ein konstanter Begleiter geworden. Die Ursachen sind vielschichtig. Beispielhaft genannt seien geänderte politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen, Digitalisierung und Künstliche Intelligenz sowie neue Produktportfolios. Viele Unternehmen transformieren deshalb ihre Belegschaft oder verlagern ihre Prozesse ins Ausland. Damit verbunden ist oft auch der Abbau von Personal.
Wie gestalten Unternehmen ihre Trennungsprozesse? Um diese Frage zu beantworten, hat WTW auf Wunsch vieler Kunden entsprechende Studien aus den Jahren 2018 und 2021 jetzt mit einer aktuellen Studie weitergeführt. Befragungszeitraum war das erste Halbjahr 2024; an der Studie nahmen 43 insbesondere große und mittelgroße Unternehmen aus verschiedenen Branchen teil.
Wie bereits in den Jahren 2018 und 2021 gaben nahezu alle Unternehmen an, Abfindungen in Trennungsprozessen zu nutzen. Dies wurde 2024 von 98 Prozent der Studienteilnehmer bestätigt.
Die Abfindungsbeträge werden von 88 Prozent der befragten Unternehmen klassisch, also retrospektiv bemessen. Dabei wird der Abfindungsbetrag rückwärtsgewandt ermittelt, in der Basisversion durch die Multiplikation der monatlichen Grundbezüge mit der Anzahl der absolvierten Dienstjahre und einem unternehmensspezifischen Vervielfacher.
Genutzt wird in der Praxis auch – aber nicht so häufig (42 Prozent der befragten Unternehmen) – die sogenannte prospektive, also die zukunftsorientierte Berechnung der Abfindungshöhe für rentennahe Mitarbeitende. Die prospektive Methode betont die Überbrückungsfunktion der Abfindung, indem der Abfindungsbetrag auch mit Blick auf ein fiktives Zieleinkommen bemessen wird – berücksichtigt wird dabei die Zeit vom Ausscheiden bis zu einem bestimmten Enddatum, zum Beispiel dem frühestmöglichen Rentenbeginn. Die zukunftsorientierte Methode ist somit in der Regel individueller und mitarbeiterfreundlicher als die retrospektive Methode. Unternehmen setzen häufig die retrospektive und die prospektive Methode parallel ein. Die Trennlinie beider Modelle liegt im Durchschnitt bei einem Alter von 58 Jahren der Mitarbeitenden.
Klassisch-retrospektiv kalkulierte Abfindungsbeträge sehen im Durchschnitt einen Faktor von 0,98 und somit fast ein Monatsgehalt pro Jahr der Betriebszugehörigkeit vor. In den Jahren 2018 und 2021 ergaben sich korrespondierende Durchschnittswerte von 1,09 bzw. 0,96. Die Streuung der einzelnen Werte ist allerdings nach wie vor hoch, wie die nachfolgende Grafik zeigt:
Die Grafik Zeit, dass die klassisch-retrospektiv kalkulierte Abfindungsbeträge im Durchschnitt einen Faktor von 0,98 und somit fast ein Monatsgehalt pro Jahr der Betriebszugehörigkeit haben. In den Jahren 2018 und 2021 ergaben sich korrespondierende Durchschnittswerte von 1,09 bzw. 0,96. Die Streuung der einzelnen Werte ist allerdings nach wie vor hoch.
Prospektiv kalkulierte Abfindungsbeträge sehen eine fiktive Übergangszahlung vom Zeitpunkt des Austretens bis zu einem definierten Zieldatum vor. Mit 55 Prozent gab die Mehrheit der befragten Unternehmen an, als Zieldatum das frühestmögliche Eintrittsalter in die gesetzliche Rentenversicherung (regelmäßig Alter 63) zu verwenden. Die teurere Variante in Form eines späteren Zieldatums mit Rentenbeginn ohne Abschläge verwenden 25 Prozent der befragten Unternehmen, während 20 Prozent angaben, das Zieldatum individuell zu variieren. Die Überbrückungszahlung wird brutto in Prozent des zuletzt gezahlten Grundgehaltes bemessen und liegt im Schnitt bei etwas über 70 Prozent.
Zusätzliche Abfindungsbeträge, wie zum Beispiel für die Entrichtung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, für Sonderbeiträge in die gesetzliche Rentenversicherung oder Anrechnungsbeträge für Leistungen der Bundesagentur für Arbeit sind von untergeordneter Bedeutung. Nur 4 Prozent bis 14 Prozent der Studienteilnehmer berücksichtigen diese zusätzlichen Berechnungskomponenten bei der Ermittlung des prospektiven Abfindungsbetrages.
Alternativen zur Abfindung stehen bei Unternehmen sowie bei den Mitarbeitenden weiterhin im Fokus. So gab zirka ein Drittel der befragten Unternehmen an, dass Mitarbeitende gezielt nach entsprechenden Optionen fragen, gleichzeitig wird die Abfindung von einem Viertel der Mitarbeitenden als „kalte Maßnahme“ wahrgenommen. Ursächlich hierfür ist häufig die Sorge vieler Betroffenen vor Einkommenseinbußen im Ruhestand. Die Rentenbezüge spielen bei über der Hälfte der Befragten in den Mitarbeitergesprächen eine wichtige Rolle.
Als moderne und rechtssichere Alternative zur Abfindung mit kurzfristiger Umsetzbarkeit, bei der Renteneinbußen abgefedert werden können, wird das sogenannte Zeitwertkonten-Übergangsmodell verwendet. Dieses wird bereits bei 44 Prozent (nach 30 Prozent im Jahr 2018 und 43 Prozent im Jahr 2021) der befragten Unternehmen als Option zur Abfindung eingesetzt. Hierbei wird ein Trennungsbudget in ein Zeitwertkonto eingezahlt und im Anschluss daran eine sofort beginnende Freistellungsphase modelliert. Der Mitarbeitende gilt während der Freistellungsphase weiterhin in allen Zweigen der Sozialversicherung als beschäftigt. Insbesondere werden in dieser Phase auch noch weiterhin Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung entrichtet. Zusätzlichen Rückenwind dürfte das Modell zukünftig noch durch das Bestätigungsschreiben der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger vom 23. November 2023 erhalten.
Neben dem Zeitwertkonten-Übergangsmodell werden traditionell noch die Altersteilzeit (58 Prozent), Gehaltsweiterzahlungsmodelle (49 Prozent) und der Vorruhestand (37 Prozent) von Unternehmen angeboten.
Trotz des anhaltenden Fachkräftemangels besteht weiterhin die Notwendigkeit, passende Modelle für einzelfallbezogene oder kollektive Trennungsprozesse anzubieten. Die Praxis bzw. der Gesetzgeber hat hierfür eine Reihe von Modellen entwickelt, die aus Sicht der involvierten Parteien sowohl Vor- als auch Nachteile beinhalten. Attraktive Optionen können helfen, die Mitarbeiterzufriedenheit zu erhöhen und nicht zuletzt auch kulturelle Signale an die verbleibenden Mitarbeitenden auszusenden. Für Unternehmen geht es häufig auch um die Erzielung angemessener Teilnahmequoten im Rahmen von Freiwilligenprogrammen. Hier liefern Alternativmodelle wie das Zeitwertkonten-Übergangsmodell in der Praxis einen messbaren Nutzen in Form von erhöhten Teilnahmequoten und positiven kulturellen Signalen.