Weltweite Erhebung von Willis Towers Watson
FRANKFURT, 21. Juli 2020 — Arbeitgeber in Deutschland haben ihre Budgets für Gehaltserhöhungen 2020 aufgrund der wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Krise signifikant gekürzt. Budgetierten deutsche Arbeitgeber Anfang 2020 noch 3,0 Prozent Gehaltserhöhungen, mussten sie dies aufgrund der wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie auf 2,7 Prozent reduzieren, wie eine Erhebung von Willis Towers Watson zeigt. Das entspricht einer durchschnittlichen Kürzung um ca. zehn Prozent. Zusätzlich plant für dieses Jahr knapp ein Fünftel (19 Prozent) der Arbeitgeber in Deutschland Nullrunden oder eine Verschiebung von Gehaltserhöhungen. Fast genauso viele Unternehmen (18 Prozent) werden die Jahresboni reduzieren. Mit 35 bzw. 39 Prozent planen beispielsweise Unternehmen in Großbritannien solche Maßnahmen signifikant häufiger, wie sich dem aktuellen Salary Budget Planning Report, der Unternehmensberatung Willis Towers Watson entnehmen lässt. Für die Studie wurden Gehaltsdaten von 15.000 Unternehmen in 132 Ländern weltweit ausgewertet.
Knapp ein Fünftel der deutschen Arbeitgebr plant Nullrunden oder eine Verschiebung von Gehaltserhöhungen.
„Wie die meisten Unternehmen weltweit versuchen auch deutsche Unternehmen, Liquidität zu sichern und Kosten zu optimieren. Hier spielen Nullrunden beim Gehalt eine entscheidende Rolle. Diese können auch länger anhalten: nach der Finanzkrise 2008-2009 war zu beobachten, dass auch im Folgejahr ein großer Anteil der Unternehmen eine zweite Nullrunde durchgeführt hat“, sagt Florian Frank, Leiter Talent & Rewards, Willis Towers Watson Deutschland.
Der Salary Budget Planning Report zeigt auch, dass nur wenige Unternehmen in Deutschland (8 Prozent) vorhaben, ihre Mitarbeiterzahl auf Grund der Krise zu reduzieren. Dagegen hat die große Mehrzahl der Unternehmen (80 Prozent) in den größten Volkswirtschaften weltweit aufgrund der COVID-19-Krise Einstellungsstopps angeordnet. Als weitere Maßnahmen der Liquiditätssicherung setzen 75 Prozent der Unternehmen auf freiwillige unbezahlte Urlaube oder unfreiwillige Freistellungen, darunter auch Kurzarbeit, oder halten sich diese Option zumindest offen.
Carl Walinski, Director Data Services von Willis Towers Watson berichtet: „In Deutschland besteht mit dem Instrument der Kurzarbeit eine belegschaftsschonende Alternative zu Entlassungen. Nach der Krise könnte Deutschland bei der wirtschaftlichen Erholung davon profitieren, dass die Unternehmen die Möglichkeit haben, ihre Mitarbeiter ‚an Bord‘ zu behalten. So können sie durchstarten, ohne die „richtigen“ Ressourcen erst wieder neu rekrutieren und aufbauen zu müssen.“
Die Projektionen der Gehaltserhöhungen für 2021 sind optimistischer, da Arbeitgeber in Deutschland eine Rückkehr der Gehaltsbudgets auf 2,9 Prozent – und somit fast auf Vorkrisenniveau – erwarten. Dennoch ist der Anteil der Unternehmen, die nächstes Jahr eine Nullrunde planen, mit der Zeit vor der Pandemie verglichen viermal so hoch (aktuell zwölf Prozent im Vergleich zu früheren drei Prozent).
„Das ganze Ausmaß der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie wird sich erst noch zeigen, da einige Unternehmen dieses Jahr ihre Gehälter eingefroren haben, um den Cash Flow zu sichern, während andere Firmen noch vor der Pandemie Gehaltserhöhungen angekündigt hatten und daher die Auswirkungen erst nächstes Jahr spüren werden”, so Walinski.
Deutschland verfolgt einen ähnlichen Ansatz wie die meisten anderen G8-Volkswirtschaften, deren Arbeitgeber 2020 aufgrund der Krise niedrigere Gehaltsbudgets einplanen. Die USA bleiben eine Ausnahme, wo 2020 vor und nach COVID sowie auf demselben Level auch 2021 Gehaltssteigerungen bei stabilen 3,0 Prozent vorgesehen werden. Kanadische Arbeitgeber haben ihre Gehaltsbudgets in ähnlichem Umfang auch nur um 0,1 Prozent reduziert (von 3,0 Prozent auf 2,9 Prozent) und erwarten 2021 eine Erholung zurück auf 3,0Prozent.
In Europa erwarten Arbeitgeber in Großbritannien, Frankreich und Deutschland, dass nach der Krise ihre „wiederhergestellten“ Gehaltsbudgets 2021 hinter die 2020 vor Corona geplanten Erwartungen niedriger ausfallen werden. Einzig Italien erwartet im nächsten Jahr eine Erholung hin zu Vor-COVID-Werten.
Gehaltssteigerungen gesamt (Median) | 2020 vor COVID | 2020 nach COVID | 2021 |
Russland | 7,0 | 5,0 | 6,0 |
USA | 3,0 | 3,0 | 3,0 |
Kanada | 3,0 | 2,9 | 3,0 |
Deutschland | 3,0 | 2,7 | 2,9 |
Großbritannien | 3,0 | 2,7 | 2,8 |
Italien | 2,5 | 2,4 | 2,5 |
Frankreich | 2,5 | 2,3 | 2,4 |
Japan | 2,5 | 2,2 | 2,5 |
Quelle: Willis Towers Watson Salary Budget Planning Report 2020. Alle Angaben in Prozent.
Die globale Branchenanalyse zeigt, dass fünf Branchen am stärksten von Nullrunden oder Gehaltssteigerungsaufschüben betroffen sind: Der Einzelhandel (hier haben 58 Prozent der Unternehmen Gehaltssteigerungen eingefroren oder verschoben), gefolgt von den Medien (51 Prozent), dem Freizeit- und Gastgewerbe (50 Prozent), der Produktion (49 Prozent) und der Automobilindustrie (44 Prozent).
Die am wenigsten von Nullrunden oder Gehaltssteigerungsaufschüben betroffenen Branchen sind unter anderem Versicherungen (11 Prozent), Banken (16 Prozent), Haushalts- und Pflegedienstleistungen (17 Prozent), Chemieunternehmen (18 Prozent) sowie Finanzdienstleister (23 Prozent).
„Generell sind die Nullrunden häufiger in den Branchen erfolgt, welche die stärksten Einschränkungen im Hinblick auf Ausübung ihres Geschäfts oder Produktion hinnehmen mussten. Hingegen haben die Branchen, die vom Home-Office aus gut weiterarbeiten konnten, oder die Branchen wie Pflegedienstleister, die unbedingt weiterarbeiten mussten, seltener Kürzungen verhängt“, sagt Walinski.
Für den Salary Budget Planning Report erhebt Willis Towers Watson jährlich Daten zu Gehaltsanpassungen und der Überprüfungspraxis bei Gehältern und unterstützt Unternehmen damit bei ihrer Gehaltsplanung. Die aktuelle Erhebung wurde von Mai bis Juni 2020 durchgeführt. Sie umfasst ca. 15.000 Unternehmen von 132 Ländern weltweit, darunter 331 Unternehmen in Deutschland.
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