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Artikel | Risk Perspectives

Die M&A-Praxis der Bayer AG

29. Juni 2022

Jede Transaktion birgt Risiken. Wie geht die Bayer AG damit um? Ein Dialog zwischen Robert Engels, WTW, und Dr. Deny-Jean Silny, Bayer AG.
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Robert Engels: Die Bayer AG steht für Wachstum und Innovationskraft. Wie geht Ihr Management dabei generell mit Risiken um?

Deny-Jean Silny: Unsere Branchen – Pharma, Agrarchemie und Health Care – sind hochreguliert, allein deshalb sind wir vielfältigen juristischen Risiken ausgesetzt, zum Beispiel mit Blick auf Nebenwirkungen von Medikamenten. Und natürlich geht es immer auch um wirtschaftliche Risiken. Wir investieren viel Geld in unsere Produkte; unter dem Strich sollte sich das zumindest auf lange Sicht rentieren. Wir sind bereit, entsprechende vernünftige Risiken zu tragen, sonst würde unser Geschäftsmodell nicht funktionieren.

Robert Engels: Welche Rolle spielen hier die Risiken im Rahmen von M&A-Transaktionen?

Deny-Jean Silny: Wenn wir die Chancen einer Transaktion nutzen wollen, müssen wir auch dort bestimmte Risiken eingehen, und die gibt es immer. Um zu sehen, ob die Chancen die Risiken überwiegen, analysieren, identifizieren und bewerten wir die Risiken im Transaktionsprozess sehr genau. Nur so können wir gute unternehmerische Entscheidungen treffen.

Dabei schauen wir in die Vergangenheit und in die Zukunft. Hat ein Übernahmekandidat zum Beispiel gegen bestimmte Rechtsvorschriften verstoßen, können wir uns zumindest zu einem gewissen Grad vertraglich schützen. Und für die Zukunft können wir für Rechtssicherheit sorgen, indem wir alles auf unsere Bayer-Standards umstellen. Ähnliches gilt für viele weitere Themen.

Robert Engels: Die Wirtschaftswelt ist insgesamt riskanter geworden, denken wir nur an Pandemien, geopolitische Risiken oder Naturkatastrophen. Doch Unternehmen wie Bayer sind von Haus aus eher risikoavers. Aus der Due-Diligence-Sicht haben wir festgestellt, dass viele Unternehmen, auch und besonders risikoaverse wie Ihres, anders mit Risiken umgehen als noch vor ein paar Jahren; sie sind hier auch gewissermaßen gelassener geworden.

Deny-Jean Silny: Das gilt auch für uns. Auf der einen Seite hat sich die Schlagzahl in Sachen M&A in den letzten zehn Jahren deutlich erhöht. Auf der anderen Seite sind die Risiken nicht kleiner geworden. Im Gegenteil: Wir sind heutzutage wie alle Marktteilnehmer mit vielfältigen neuen Risiken konfrontiert – wer hätte einmal gedacht, dass das Thema Compliance bei der Due Diligence eine so große Rolle spielen würde oder auch Reputationsrisiken, die durch Social Media potenziert werden? Aber Risiken gehören eben zum Geschäft. Wir versuchen diese Risiken so gut wie möglich zu minimieren, indem wir diese im Rahmen der Due Diligence umfassend analysieren und bewerten. 

Robert Engels: Vermutlich sind dabei auch die Teams, die sich mit dem Thema M&A befassen, größer geworden.

Deny-Jean Silny: Genau, in der Legal M&A-Abteilung waren wir z. B. vor zehn Jahren zu zweit, heute sind wir sechs Anwälte. Gleiches gilt für das Compliance- oder das Datenschutz-Team. Die Anforderungen sind gewachsen und damit auch die Größe der Teams.

Robert Engels: Gehört dazu auch der Umgang mit datengetriebenen Analysen und generell mit den Themen Digitalisierung und Künstliche Intelligenz?

Deny-Jean Silny: Ja, hier hat sich in der Tat einiges bewegt. Wir nutzen innovative Lösungen, die uns helfen, große Datenmengen transparent zu machen und generell unsere Arbeitsprozesse zu vereinfachen und zu beschleunigen. Gerade ein hohes Tempo spielt ja bei unserem Geschäft eine immer wichtigere Rolle.

Robert Engels: Wie hat sich denn aus Ihrer Sicht das M&A-Umfeld insgesamt verändert?

Deny-Jean Silny: Vor allem hat der Wettbewerbsdruck deutlich zugenommen. Wenn ein gutes Asset auf dem Markt ist, gibt es dafür meist mehrere Interessenten, zu denen auch Private-Equity-Unternehmen gehören. In diesen Fällen ist neben einem aktraktiven Angebot schnelles Handeln geboten, weil die Verkäuferseite die Transaktion regelmäßig zügig über die Bühne bringen will. Deshalb versuchen wir uns aus rechtlicher Sicht auf die wesentlichen Risiken zu fokussieren, die wir vertraglich abdecken wollen. Wir versuchen dabei grundsätzlich einen Vertragsentwurf nicht komplett umzudrehen, sondern die Änderung so minimal wie möglich zu halten.

Robert Engels: Wenn Sie ein Asset angeboten bekommen, wie gehen Sie dann vor, um zu einer Entscheidung zu kommen?

Deny-Jean Silny: Der übliche Prozess sieht so aus, dass wir von den Verkäufern einen allgemeinen Teaser mit ersten Informationen zur Transaktion bekommen. Wenn das Projekt für uns von Interesse ist, geht es nach Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung in die Non-Binding-Offer-Phase. Auf Basis eines Informationsmemorandums identifizieren und bewerten wir hier im Rahmen einer ersten Due Diligence allgemeine Chancen und Risiken der Transaktion. Wenn aus unserer Sicht alles soweit passt, geben wir ein Non-Binding-Offer ab, danach folgt die umfassende Due Diligence und dann ein bindendes Angebot.

Robert Engels: Im weiteren Verlauf spielen ja auch vertraglich relevante Transaktionsrisiken eine entscheidende Rolle, also das große Thema Garantien. Haben Sie ein Standardprozedere, um zu entscheiden, ob entsprechende Warranty-and-Indemnity-Versicherungen (W&I) abgeschlossen werden sollen?

Der Einsatz von W&I-Versicherungen steigert regelmäßig die Attraktivität des eigenen Angebots und verkürzt die Vertragsverhandlungen. Auch wenn wir auf der Verkäuferseite agieren, schätzen wir Transaktionsversicherungen, um unsere Haftungsrisiken so weit wie möglich zu minimieren.”

Deny-Jean Silny | Leiter Rechtsabteilung M&A, Bayer AG
Deny-Jean Silny: Ja, sobald wir uns vor einem geplanten Kauf einen Überblick über die Transaktionsrisiken eines Targets verschafft haben, setzen wir uns mit Vertretern anderer relevanter Konzernfunktionen zusammen und klären, welche Garantien wir vertraglich festgehalten sehen wollen und ob wir in diesem Zusammenhang auf W&I-Versicherungen zurückgreifen möchten. Der Einsatz von W&I-Versicherungen steigert regelmäßig die Attraktivität des eigenen Angebots und verkürzt die Vertragsverhandlungen. Auch wenn wir auf der Verkäuferseite agieren, schätzen wir Transaktionsversicherungen, um unsere Haftungsrisiken so weit wie möglich zu minimieren. 

Robert Engels: W&I-Versicherungen sind ja Ausdruck eines durchdachten Risikomanagements. Das macht sich sicher auch gut im Rahmen der Kommunikation mit den Bayer-Aktionären und anderen Stakeholdern.

Deny-Jean Silny: Richtig, auch deshalb kommt von unserem Management vor allem bei größeren Transaktionsvorhaben regelmäßig die Frage nach den Garantien und entsprechenden Versicherungen. Wie gesagt, sind wir dazu bereit, gewisse Risiken einzugehen, und Transaktionsversicherungen helfen uns, sie in einem wirtschaftlich vertretbaren Maß zu halten.


Ihr Kontakt


Head of M&A D-A-CH, Corporate Risk and Broking

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