Am 8. Oktober 2020 war in der Presse zu lesen, dass sich IBM auf das Cloud-Geschäft fokussiert und dazu die Sparte rund um Netzwerk-Dienstleistungen für Unternehmen abspaltet und als eigenständiges Unternehmen an die Börse bringt. Das war für die gesamte Branche eine spannende Meldung.
Spannend war jedoch auch die Frage: Wie kann die Versorgungszusage für die Mitarbeitende weitergeführt werden, die von IBM auf das neue Unternehmen – Kyndryl – übergehen? Schließlich waren die Unternehmen nach dem Spin-off völlig eigenständig.
Wie anspruchsvoll die Aufgabe war, zeigt ein kurzer Blick auf die betriebliche Altersversorgung bei IBM: Die Versorgungslandschaft umfasst sowohl arbeitnehmer-als auch arbeitgeberfinanzierte Versorgungszusagen. Die Durchführung erfolgt über die IBM Unterstützungskasse, die über die IBM Pensionskasse rückgedeckt ist, über den IBM Pensionsfonds und über eine Direktzusage, die teilweise durch das IBM CTA gedeckt ist. Zusagen und Durchführungswege sind pro Mitarbeitenden kombiniert.
Der komplexen Lage entsprechend, wurde intensiv diskutiert, wie der beste Weg für die zukünftige Abbildung aussehen könnte. Generell kamen drei Alternativen in Frage:
Als Basis für die spätere Entscheidung wurde eine Machbarkeitsstudie durchgeführt. Relativ zügig konnten zwei Optionen ausgeschlossen werden, die nicht fristgerecht umzusetzen waren: die Übertragung auf einen externen Pensionsfonds wegen der zeitintensiven Abstimmung mit der BaFin und die Überleitung der Unterstützungskassenzusage auf eine Direktzusage, wofür es eine neue Kollektivvereinbarung gebraucht hätte.
Insgesamt wurden bei der Machbarkeitsstudie zeitliche Restriktionen, arbeitsrechtliche, regulatorische und steuerrechtliche Fragestellungen untersucht. Neben der Klärung dieser Aspekte war für die abschließende Entscheidung wichtig, das hohe Vertrauen der Mitarbeitenden in die bestehenden Versorgungseinrichtungen fortzuführen und die Kosten in einem angemessenen und kalkulierbaren Rahmen zu halten.
Auf Basis der Ergebnisse der Machbarkeitsstudie hat das Team dann eine innovative Lösung gefunden: die Umsetzung in den bestehenden IBM-Einrichtungen. Innovativ war diese Lösung, weil dabei die Quadratur des Kreises gelang. Denn es ging darum, in eine betriebliche Versorgungseinrichtung ein drittes Unternehmen aufzunehmen, ohne jedoch die Einrichtung für den gesamten Markt zu öffnen.
Kern der Lösung war das Konstrukt der „gleichgestellten Unternehmen“. Die IBM-Versorgungseinrichtungen waren nur für Unternehmen des IBM-Konzerns offen. Diesen Unternehmen können nun Unternehmen formal gleichgestellt werden, die zuvor Teil des großen Ganzen waren; auch für sie können dessen Einrichtungen im Einzelfall weiter geöffnet bleiben.
Dafür mussten auch die passenden rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden. Dazu wurden die Satzungen von Unterstützungskasse, Pensionsfonds, Pensionskasse und der CTAs entsprechend geändert und detailliert rechtliche Fragen geklärt. So ging es bei der Unterstützungskasse etwa darum, die Beteiligungsrechte der Arbeitnehmer sowohl mitbetimmungsrechtlich als auch steuerlich zu wahren. Und in der Pensionskasse, bislang mit einer Trägerhaftung der IBM, musste gesichert werden, dass diese Haftung auf die beiden Trägerkomplexe IBM und Kyndryl aufgeteilt werden konnte.
Herausfordernd war zudem auch die Neuausrichtung der CTAs. Die bestehenden CTAs sollten weitergeführt werden; und neue CTAs sollten gegründet werden, teils auch mit einer Übertragung aus den bestehenden CTAs. Hierbei waren knifflige Fragestellungen – unter anderem auch zum Kreditwesengesetz – zu lösen. Ein Rechtsgutachten von WTW hat jedoch bei der BaFin für grünes Licht gesorgt.
Neben der skizzierten Quadratur des Kreises war es für das Projekt entscheidend, das Vorhaben sofort von Beginn an als wichtiges Teilprojekt der Unternehmensaufspaltung zu adressieren und eng mit den Bereichen HR, Steuern und Recht zu verzahnen, eine hohe Priorisierung bei der Geschäftsführung zu sichern, die Mitarbeitervertreter eng einzubinden und auch die BaFin umgehend anzusprechen.
Das Projekt zeigt, dass es mit viel Know-how und Kreativität gelingen kann, die bAV nach einer Unternehmensabspaltung in bestehenden Einrichtungen fortzuführen. Vor allem sehen so auch die Mitarbeitende, dass sie ihrer bAV weiter vertrauen können.